Ernährung Milch aus dem Labor: Das könnte ein Durchbruch in der Lebensmittelherstellung sein

Echte Milch ohne Kuhleid könnte bald erhältlich sein
Echte Milch ohne Kuhleid könnte bald erhältlich sein
© alvarez / Getty Images
Für dieses Produkt müssen keine Kühe leiden: Forschern ist es gelungen, aus fermentierten Hefepilzen Proteine herzustellen, die mit denen von Kuhmilch identisch sind. "Ben & Jerry's" will die Labormilch schon bald nutzen.

Immer mehr Menschen achten heutzutage bei ihrer Ernährung nicht nur darauf, möglichst ausgewogen und gesund zu essen, sondern auch darauf, woher ihre Lebensmittel eigentlich kommen. Die Zahl der Vegetarier:innen und Veganer:innen steigt jährlich – kein Wunder, wenn man immer wieder von furchtbaren Zuständen in Mastställen und Schlachthöfen hört. Aber neben Fleisch und Fisch stehen auch Milchprodukte zunehmend in der Kritik.

Das liegt unter anderem daran, dass das idyllische Bild, das wir von Kühen mit ihren Kälbchen auf grünen Weiden haben, eher die Ausnahme von der Regel ist. Denn in der Regel stehen die Milchkühe in engen Ställen, sehen oft niemals Tageslicht, und die Kälbchen, die sie sehr regelmäßig nach künstlichen Befruchtungen bekommen (müssen, um die Milchproduktion anzuregen), werden ihnen früh weggenommen und oft bald darauf zu Filet verarbeitet. Für Kühe, sehr soziale Tiere, ist das eine Qual.

Milch steht bei vielen Menschen nicht mehr auf dem Speiseplan

Zwar gibt es bereits viele pflanzliche Alternativen zu Kuhmilch in den Läden, aber sie schmecken meist nicht exakt wie Milch. Das ist für viele Kund:innen völlig in Ordnung, hält aber den ein oder anderen wahrscheinlich dennoch davon ab, zum Fan von Soja- oder Haferdrinks zu werden. Ein weiterer Punkt ist der meist höhere Preis. Jedoch könnte es für beide Probleme bald eine Lösung geben, die alle Beteiligten glücklich macht: Milch aus dem Labor.

Was erst einmal merkwürdig klingt, bedeutet lediglich: Wissenschaftler:innen stellen mit einem Verfahren, dass sich Präzisions-Fermentation nennt, aus Hefepilzen Proteine her, die mit denen von Milch komplett identisch sind. Das Endergebnis unterscheidet sich chemisch nicht von normaler Milch, kommt aber ohne Tierleid aus. Und das Produkt ließe sich in der Herstellung zudem bei Bedarf so abändern, dass keine Laktose enthalten ist, auf die viele Menschen ja mit Unverträglichkeiten reagieren.

Milch aus dem Labor wäre umweltfreundlicher

Das klingt wie Zukunftsmusik und ein obskures Projekt, das idealistische Forscher:innen im Hinterzimmer einer Uni verfolgen? Im Gegenteil: Der internationale Konzern Unilever unterstützt das Vorhaben, und zwar mit einem konkreten Plan. Wenn die Milch aus dem Labor marktreif ist, soll sie für die Herstellung der beliebten "Ben & Jerry's"-Eiscreme genutzt werden. Die Marke legte schon immer Wert auf ethisch erzeugte Inhaltsstoffe, verkauft seit einer Weile auch mehrere vegane Sorten. Aber – und da werden vermutlich auch die meisten Veganer:innen zustimmen – speziell bei veganer Eiscreme ist geschmacklich noch Luft nach oben. Das scheint man auch bei Unilever so zu sehen.

Die Rede ist davon, schon in gut einem Jahr in die kommerzielle Herstellung der Labormilch und damit der neuen, tierleidfreien "Ben & Jerry's"-Sorten zu beginnen. Und nicht nur aus Tierschutzgründen wäre die Milch aus Hefeproteinen ein echter Durchbruch: Die Herstellung wäre laut des Unternehmens Perfect Day, das an der Entwicklung der neuen Milch mitarbeitet, mit "97% weniger Treibhausgas-Emissionen, 99% weniger Trinkwasserverbrauch und 60% weniger Energieverbrauch im Vergleich zu traditioneller Milch" deutlich umwelt- und klimafreundlicher.

Quelle:  "ZME Science"

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