5 Fragen an Maren Neumann "Ich will ein heiterer Nichtsnutz sein"

5 Fragen, 5 Antworten: Maren Neumann, Ärztin im Ruhestand und engagiert in vielen sozialen Projekten, spricht über Würde im Alter, den Wegfall von Fremdbestimmung und ein besonderes Altersvorbild.

1. Wir alle beschäftigen uns mit dem Älterwerden. Ab wann beginnt für Sie das Alter?
Das Alter hat für mich mit dem Zeitpunkt begonnen, von dem an es keine fremdbestimmten Verpflichtungen mehr gab (die ich übrigens sehr gerne wahrgenommen hatte): Die Kinder waren groß, die berufliche Laufbahn abgeschlossen. Ein großes Feld selbst zu gestaltender Freiheit tat sich auf. D.h. das Alter beginnt da, wo die Pflichten des Erwachsenenlebens erfüllt sind, wo wir vielleicht zum ersten Mal in unserem Leben "tun und lassen können, was wir wollen".

2. Wenn Sie es sich aussuchen könnten, wie alt wären Sie dann gerne? Mit anderen Worten: Was ist Ihr persönliches Lieblingsalter? Warum?
Noch habe ich keins. Bisher hat jede Lebensphase ihr eigenes Glück und ihre eigenen Belastungen gehabt. Ich möchte sie alle nicht missen, aber ich will zu keiner zurück.

Welcher ältere Mensch begeistert Sie? Und ist sogar vielleicht Ihr Vorbild? Warum?
Der Theologe Fulbert Steffensky. Er hat mir eine Richtschnur für das Alt- und Uraltwerden beschert: Das Alter ist dazu da, Gepäck abzulegen und den Aufbruch in die Einfachheit und Armut bewusst zu wagen, um sich endlich in einen heiteren Nichtsnutz zu wandeln.

Was ist Ihr Traum fürs Alter? Und was Ihr Alptraum?
Mein Traum ist, bis zum Lebensende meine Würde wahren zu können, mit gesundheitlichen Einschränkungen und den Abhängigkeiten von anderen Menschen fertig zu werden und dabei heiter zu bleiben. Mein Alptraum ist, nicht sterben zu können und über längere Zeit vor mich hin vegetieren zu müssen.

Bereiten Sie sich auf Ihr Alter vor?
In meiner Tätigkeit als Leiterin eines Besuchsdienstes im Haus im Park begegne ich vielen weit älteren Menschen, als ich es bin, und lerne von ihnen. Das bewirkt eine immer wieder neue Reflexion auf das Fortschreiten meines eigenen Alters. Ich hoffe, es nützt eines Tages.

Zur Person

kst Maren Neumann ist Ärztin im Ruhestand. Unter anderem spezialisiert auf Arbeitsmedizin, war sie bis 2000 die Betriebsärztin der Hauni, dem Maschinenbauunternehmen Kurt A. Körbers in Hamburg-Bergedorf. Heute engagiert sie sich im BegegnungsCentrum Haus im Park der Körber-Stiftung in Bergedorf. Sie leitet dort den freiwilligen Besuchsdienst für ältere Menschen und bringt im Projekt "Tandem" Schüler bei häuslichen Besuchen mit Hochaltrigen zusammen. Sie bietet auch Kurse zur Sturzprophylaxe für Ältere an und bildet Sterbebegleiter aus. In einem Ambulanten Hospizdienst begleitet sie selbst sterbende Menschen.

Maren Neumann ist in Ostpreußen und nach der Flucht in Cuxhaven aufgewachsen. Sie hat ein Schüleraustauschjahr in den USA verbracht und später in Freiburg, Berlin und Göttingen Medizin studiert. Mit ihrer Familie lebte sie u.a. drei Jahre in Japan.

kst