Das Bistum Münster, drittgrößte Diözese in Deutschland, hat am Montag eine erste Bilanz zu den jüngst bekanntgewordenen sexuellen Übergriffen von Geistlichen vorgelegt. Die Bistumskommission sprach von 106 Opfern, 56 Beschuldigten - und von teils "erschütternden Lebensbiografien" der damals jugendlichen Opfer. Sie hätten lang geschwiegen und sich erst seit Jahresbeginn im Zuge der breiten öffentlichen Debatte um Missbrauch in der katholischen Kirche offenbart. Meist gehe es um lange zurückliegende und damit oft verjährte Missbrauchsvorwürfe, hieß es bei einer Seelsorgertagung in Münster. Bischof Felix Genn bat die Opfer erneut um Vergebung für die "Verwundungen tiefster Art".
Von den 56 Beschuldigten sei die Hälfte bereits gestorben, weitere 17 mutmaßliche Täter seien an die Staatsanwaltschaft gemeldet worden. In 12 Fällen hätten darüber hinaus die Opfer keine strafrechtliche Weiterverfolgung gewollt. Damit sind disziplinarische Maßnahmen aber nicht ausgeschlossen. Diesen Opfern gehe es in erster Linie um die Anerkennung des Leids seitens der Kirche, sagte zur Erklärung die frühere Kriminalhauptkommissarin Gudrun Schramm-Arntzen, die seit 2002 Mitglied der Kommission ist. Die Bistumskommission arbeitet diese Fälle dennoch auf: Acht Freistellungen vom Kirchendienst etwa waren die Folge der Ermittlungen und zehn "Freisprüche", wie es in der Statistik hieß. Die Opfer waren meist männlich und zum Tatzeitpunkt zwischen 14 und 17 Jahren alt.