Misogyner Influencer Andrew Tate und die Männer Coaches: Warum junge Männer nach ihrer "verlorenen" Männlichkeit suchen und sie im Stich gelassen werden

Andrew Tate bei einem Auftritt bei "Anything Goes With James English"
Andrew Tate bei einem Auftritt bei "Anything Goes With James English"
© CC BY 3.0 Anything Goes With James English
"Men Coaches" und "Business Lifestyle Gurus" sind für ihre Seminare und Workshops bekannt: Sie wollen jungen Männern helfen, ihre wahre Männlichkeit zu finden und mit einfachen Tipps sehr erfolgreich sein: "Ich kenne es aus meiner Jugend. Wenn du selbst irgendwie tätig sein willst und du Menschen aus dem Business-Umfeld kennst. Du bekommst gewisse Dinge nicht in der Schule gelehrt. Du bräuchtest einen Mentor", erzählt Alexander Prinz.  

Zu schlau für Bücher

Am meisten schockiert Wittwer die Aussage von Andrew Tate, er sei zu schlau für Bücher. Er stelle sich als König der Welt dar, als allwissender Mann, der genau weiß, was Männer brauchen und was Frauen wollen. Doch wer fällt auf diese Masche ein?

Tara Wittwer sagt ganz klar: "Er holt vor allem diese Incels ab." Incels ist eine Bezeichnung für Männer, die oft abgelehnt werden und das Gefühl haben, sie würden von Frauen unterdrückt werden. "Sie wissen nicht wohin mit der Frustration, wohin mit dieser Ablehnung", beschreibt Wittwer das Verhalten.  

"Wenn Frauen, die sowieso keinen Partner mehr brauchen, sondern eher wollen, und sich dann für oder gegen einen Menschen entscheiden, dann ist das für diesen heterosexuellen weißen Mann erst einmal ein Schlag ins Gesicht."
Andrew Tate analysierte sie schon vor einigen Monaten in ihrem Instagram-Format "TikToxic"
Andrew Tate analysierte sie schon vor einigen Monaten in ihrem Instagram-Format "TikToxic"
© Tara Wittwer

Und hier kommen die sogenannten "Men Coaches" und "Business Lifestyle Gurus" ins Spiel. Mit eigenen Seminaren und Workshops, wollen sie jungen Männern helfen, ihre wahre Männlichkeit zu finden. Sie können mit einfachen Tipps sehr erfolgreich sein: "Ich kenne es aus meiner Jugend. Wenn du selbst irgendwie tätig sein willst und du Menschen aus dem Business-Umfeld kennst. Du bekommst gewisse Dinge nicht in der Schule gelehrt. Du bräuchtest einen Mentor", erzählt Alexander Prinz.  

Männer werden im Stich gelassen 

Wittwer macht eine Problematik aufmerksam: Es werde vor allem darüber gesprochen, wie Frauen unter Filter und Social Media Trends leiden würden - was stimmt.

Aber mir tun auch die vielen jungen Männer leid, weil sie oft außer Acht gelassen werden. Sie werden ebenfalls bewertet, wenn sie beispielsweise keinen Führerschein besitzen oder wenn sie keinen "krassen" Body haben.

Das Patriarchat ist nämlich nicht ausnahmslos ein Problem für Frauen, auch, wenn man das glauben mag – die mentale Gesundheit von Männern wird ebenfalls oft nicht wahrgenommen, so Wittwer. Viele würden sich unter Druck gesetzt fühlen.

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Im schlimmsten Fall kann das sogar zur Depression führen: "Depressionen werden ganz oft bei Männern nicht erkannt." So ist oft die erste Reaktion, wenn Männer weinen: "Oh, ist das süß!" Wittwer sagt klar: "Es ist sehr infantilisierend." Die Verniedlichung würde das eigentliche Problem überschatten.  

"Das erste Video, das von Tate richtig viral ging, war ein relativ harmloses Motivationsvideo. Man rutscht aber ganz schnell von diesen Kalendersprüchen zu richtig miesen und kruden Aussagen." Durch die schnelle Ausspielung von Inhalten auf Tiktok würden Eltern auf den ersten Blick nur die Spitze des Eisbergs sehen. "Schon einen Tag später erreicht das Kind den Untergrund des Eisbergs und kriegt dann immer mehr misogyne Inhalte von anderen Creatorn ausgespielt." Die Ängste, die geschürt werden, müssten aus dem Elternhaus heraus aufgedröselt werden.  

Was Eltern tun können  

"Mein Sohn hat mich gestern gefragt, ob ich den kenne. Ich hatte keine Ahnung. Mein Sohn ist fast 13", schrieb ein Nutzer unter dem Andrew-Tate-Video von Prinz. Der Social-Media-Experte gibt die Empfehlung: "Es ist sehr relevant für Eltern, hier Bescheid zu wissen. Sich selbst vielleicht auch weiterzubilden und mit den Kindern ins Gespräch zu kommen."

Vor allem sei es wichtig zu klären: An welchen Stellen scheint Tate Recht zu haben? Welche Aussagen sind wirklich motivierend oder vielleicht sogar eine Lebensweisheit?