Auf der Demenzstation Wie die Rauchergruppe im Pflegeheim unsere Autorin bei sich aufnahm

  • von Jutta Jensen
Illustration zeigt: Ältere Menschen sitzen zusammen, Nachts unter Lichterketten und rauchen
Unter dem beleuchteten Vordach des Pflegeheims sitzt das bekannte Rauchergrüppchen
© Sonja Danowski / stern
Jutta Jensen arbeitet als Quereinsteigerin auf einer Demenzstation. Dort erlebt sie täglich, was Pflege wirklich bedeutet.

Die Bewohner meiner Seniorenresidenz leben so selbstbestimmt wie möglich. Dazu zählt auch das Rauchen. Im Winter bietet ein mit Lichterketten beleuchtetes Vordach den Raucherinnen und Rauchern Schutz vor Kälte und Nässe. Aus der Ferne sieht dieser Ort fast gemütlich aus, insbesondere wenn es bereits dunkel geworden und der Abendhimmel klar ist. Meist bildet sich ein Grüppchen um den hüfthohen Aschebehälter, die Rollstühle der Raucher stehen im Halbkreis, die wenigen, die eigenständig laufen können, sitzen auf Gartenstühlen, einige sind in Wolldecken gehüllt. 

Rauchen ist eine Sucht, die dem Körper schadet, aber hier sitzen Erwachsene, denen ich gewiss keine Predigt über Gesundheitsvorsorge halte. Sie sind mittendrin, die Folgen von Alter, Krankheit, Lebenswandel, Schicksalsschlägen, Pech und Schwefel selbst auszubaden. Fast bewundere ich sie für ihren Willen, sich eine Sucht zu leisten – ein störrisches Trotzdem. Also rufe ich der kleinen Gruppe immer ein herzliches "Hallo, ihr Lieben!" zu und biete kurze Hilfestellungen an wie: Braucht jemand eine Decke, einen Lift oder ein Heißgetränk? Ich kehre auch Zigarettenstummel zusammen, damit unter dem Vordach Ordnung herrscht. Regelmäßig begleite ich eine Dame aus meiner Station hinunter zu ihrer nächsten Zigarette. Dabei lernte ich das feste Raucher-Ensemble kennen.