An diesem Freitagabend rollen die Züge in Deutschland wieder an. Zumindest für ein paar Tage soll es so bleiben, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft der Deutschen Lokführer, kurz GDL, auf Anfrage dem stern – um der Bahn "Zeit zu geben", ein neues Angebot einzureichen. Nach einer dauerhaften Rückkehr zum Normalbetrieb klingt das nicht.
Wie verhärtet die Fronten sind, zeigt sich bereits Anfang dieser Woche: Montagabend, Arbeitsgericht in Frankfurt, Raum C 4.08. Am 08. Januar zieht sich die Gerichtsverhandlung bis in die späten Abendstunden. Draußen ist es schon längst dunkel, die Luft im Saal stickig. Immer und immer wieder poltern sich die Anwälte von GDL und Deutscher Bahn ins Wort, teilen Spitzen aus und wiederholen mantraartig, weshalb die jeweilige Gegenseite falsch liegt. Dazwischen eine Richterin, die um Einigung bemüht ist und immer wieder betont: Irgendwann müsse man sich einigen, man sei bei den Verhandlungen doch noch am Anfang gestanden. Ob eine Schlichtung nicht denkbar wäre? Claus Weselsky, der in der ersten Reihe sitzt, zischt: "Nein!" Allen im Raum ist klar: Diese Parteien kommen heute nicht mehr zusammen. Und so bleibt es für den Rest der Woche.
Tarifstreit zwischen Bahn und GDL: kommt die 35 Stunden Woche?
Wie soll das weitergehen? Was die Richterin sagt, wissen ja alle: Das ist kein Dauerzustand. Entweder ist die Streikkasse der Gewerkschaft leer oder der Schaden für die Deutsche Bahn zu groß.
Nun könnte man darauf hoffen, dass die beiden Parteien sich an einen Tisch setzen und wieder miteinander sprechen. Die Bahn zeigte sich dafür in der Vergangenheit ebenso offen wie für ein Schlichtungsverfahren. Doch bisher heißt es in öffentlichen Statements der GDL: Verhandeln möchte man erst wenn die Deutsche Bahn ein neues Angebot vorlegt.
Mittel mit (Neben-)Wirkungen: die Erfolge der GDL-Streiks in der Vergangenheit

So drohte Gewerkschaftsboss Weselsky noch während des aktuellen Streiks – übrigens der Dritte in dieser Tarifrunde – mit weiterem Stillstand. Der 64-Jährige hat sich für die letzte Tarifverhandlung vor der Rente eine zentrale Forderung auf die Fahnen geschrieben: Die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Gewerkschaft möchte damit das Personal entlasten und argumentiert, dass der Beruf so für den Nachwuchs wieder attraktiv werden würde. Gleichzeitig sagen Beobachter, dass die GDL mit ihren Forderungen wohl auch der deutlich größeren Gewerkschaft EVG Mitglieder abluchsen möchte.
Die Deutsche Bahn wiederum sagt, dass sie ohnehin schon zu wenig Personal habe und die Forderung einer Arbeitszeitverkürzung so unerfüllbar sei.
Der nächste Streik droht
Die Bahn hat mit dem Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung, der am 8. und 9. Januar in Frankfurt verhandelt wurde, vorerst ihre juristischen Möglichkeit ausgeschöpft. Der Antrag, den Streik zu verbieten, wurde in zwei Instanzen abgewiesen. Dafür bleibt die Frage offen, ob die GDL aufgrund der von ihr gegründeten Leiharbeitsfirma Fair Train tarifunfähig ist – doch bis dieses Urteil gefällt ist, wird es noch dauern.
Rosige Aussichten für Bahnfahrer sind das nicht, im Gegenteil. Gerade stehen eher die Zeichen auf "nächster Halt - Streik."

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Zumindest einen Lichtblick gibt es: Die Züge des Bahnbetreibers Transdev rollten am Freitag schon um 12 Uhr und damit vorzeitig wieder an. Das Unternehmen betreibt Regionalverkehr unter anderem in Niedersachsen, Bayern und Sachsen. Die Transdev hat ein neues schriftliches Angebot vorgelegt. Laut Transdev sind erste Verhandlungen für den 15. Januar angesetzt.