"Telefonieren Sie mit Ihrer Steckdose" - mit dieser verblüffenden Aufforderung traten Maximilian Schlegel, 19, und seine Freunde im vergangenen Jahr beim Deutschen Gründerpreis für Schüler an. Sie wollten übers Handy Steckdosen fernsteuern, per SMS die Waschmaschine, das Licht oder die Heizung einschalten. Aber vor allen Dingen wollten die Schüler am eigenen Leib etwas über Unternehmertum erfahren. "Es gibt ja schon Konzepte für intelligente Häuser", erklärt Schlegel. "Die sind aber teuer. Unsere Lösung wäre einfacher und billiger." Und damit eine unternehmerische Chance. "Easy Life" nannten die fünf Jungs ihr fiktives Unternehmen. Die Jury war von dem Konzept der Tüftler so überzeugt, dass die Schüler aus Stegen im Schwarzwald auf dem dritten Platz landeten.
Obwohl die Firma Easy Life nie an den Markt ging, hat sie das Leben von Maximilian Schlegel verändert: Nach dem Zivildienst wird er eine Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur beginnen - Studium an der Berufsakademie in Stuttgart, verbunden mit einer kaufmännischen Lehre. Mehrere hundert Bewerbungen waren für eine Handvoll Plätze eingegangen. Schlegel ist sicher: "Der Wettbewerb hat mir geholfen, die Stelle zu bekommen."
Monatelang hatten sich Schlegel und vier Mitschüler nach dem Unterricht getroffen, um die neun Aufgaben zu lösen, die beim Deutschen Gründerpreis für Schüler gestellt werden. Sie entwickelten eine Homepage, schauten sich nach Fördertöpfen um, verglichen Finanzierungsmöglichkeiten und erstellten eine Kostenkalkulation. Demnach hätte das Unternehmen nach zwei Jahren Gewinn machen sollen. So stand es im hundertseitigen Geschäftsplan. "Manche Schüler haben schon gespottet: Na, wieder am Selbstständigmachen?", erinnert sich Schlegel. Philipp Stiel, 21, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: Vor drei Jahren belegte er mit seinem Team den ersten Platz beim Gründerpreis für Schüler. Jetzt studiert er Internationale Volkswirtschaftslehre in Tübingen. Ihre Firma nannten die Schüler aus Kassel "EasyFind". Die pfiffige Idee: Alltagsgegenstände, die man häufig sucht, wie Brille oder Autoschlüssel, sollten mit einem Funkcode versehen werden. Ein Gerät namens EasyFinder sollte die Dinge dann orten können.
"Jetzt weiß ich, was sich im Kopf eines Personalchefs abspielt"
"Man muss das Projekt mit drei Sätzen verkaufen können", so die wichtigste Erkenntnis des Studenten. "Wir sind bei der Arbeit zusammengewachsen. Es war richtig leidenschaftlich, wenn wir um das beste Ergebnis gestritten haben", schwärmt Stiel noch heute. "Das Endergebnis war dann meist viel besser als die erste Idee." Joanna Lang, ebenfalls 21 und mit im Team, sieht das genauso. "Im Wettbewerb habe ich erst die richtige Teamarbeit gemacht. Das ging weit über die Gruppenarbeit in der Schule hinaus." Sie ist überzeugt, dass ihr diese Erfahrungen auch im Berufsleben helfen. Auf Teamfähigkeit legen Personalchefs heute besonderen Wert. Die besten fünf Teams eines Jahres können das Zusammengehörigkeitsgefühl beim "Future Camp" stärken, einem speziell auf Schüler zugeschnittenen Managertraining: "Das war eine tolle Erfahrung", schwärmt Dirk Merker, 23. Er hat 2003 mit der Idee für "Freeze", einer faltbaren Kühltasche für Getränkekisten, den ersten Platz belegt.
"Beim Training wurde uns erst so richtig klar, dass wir das, was wir in der Schule über Wirtschaft lernen, auch in der Wirklichkeit anwenden können." Zudem sei das Bewerbungstraining sehr nützlich gewesen. "Jetzt weiß ich, was sich im Kopf eines Personalchefs abspielt." Philipp Stiel hat seine Erfahrungen schon umgesetzt und mit Kommilitonen eine studentische Unternehmensberatung gegründet. "Im Januar melden wir unsere Mini-GmbH an." 40 Studenten sind dabei. "Mir hat der Wettbewerb gezeigt, dass Wirtschaft etwas Gutes hat", sagt seine Mitspielerin Joanna Lang. Sie hat sich bei der "Stiftung der Wirtschaft" um ein Stipendium beworben. "Viele schrecken davor zurück, wenn sie das Wort Wirtschaft hören." Nach einem Semester Wirtschaftsstudium in Maastricht ist sie auf Ethik, Soziologie und Volkswirtschaftslehre in Eichstätt umgeschwenkt. Dirk Merker hat sich an der Uni Gießen für Umweltmanagement eingeschrieben. Er ist überzeugt: "Die Zukunft der Märkte ist grün." Sein Team war ziemlich nah dran, die Idee mit der Getränkekistenkühlung umzusetzen. "Wir hatten ein Gebrauchsmuster angemeldet."
"Die Erfahrungen bleiben"
Eine Brauerei signalisierte sogar Interesse an einer Kooperation. "Dann ist uns die Sache doch zu groß vorgekommen. Wir waren ja noch Schüler, keine Unternehmer!" Auch wenn aus der Idee kein Geschäft wurde: Merker legt bei Bewerbungen stets die Siegerurkunde bei. "Das interessiert alle. Im Gespräch kann man davon erzählen - und punkten." Ronita Mondal, 20, hatte eigentlich mit Unternehmertum nichts am Hut. Sie wollte ursprünglich Medizin studieren. "Ich hatte schon ehrenamtlich im Krankenhaus gearbeitet", erzählt sie: "Kaufmännisches schien mir langweilig." Das ist jetzt anders. Nach dem fünften Platz im Wettbewerb 2004 mit einem Konzept für professionelle Ebay-Auktionen reiste die indischstämmige Studentin für ein Praktikum nach Kalkutta. Inzwischen studiert sie in Essen in einem dualen Studiengang Internationales Management. "Da hat mich der Wettbewerb definitiv beeinflusst." Für die Sieger gibt es zwar auch Geldpreise - immerhin 1500 Euro für die Erstplatzierten, zwischen 100 und 300 Euro für die übrigen neun Teams -, doch was zählt, ist das Erlebnis. "Ein paar hundert Euro sind schnell weg", sagt Maximilian Schlegel. "Die Erfahrungen bleiben."