Seine Entwicklung dauerte mehrere Jahre, ab 1. November kommt er: der neue Personalausweis. Die wesentliche äußerliche Veränderung: Er ist viel kleiner und handlicher als der alte Ausweis, hat die Größe einer Scheckkarte. Doch entscheidend ist nicht die Optik, sondern die Technik, die in dem neuen Ausweis steckt.
Warum hat Deutschland einen neuen Ausweis entwickeln lassen?
Wie der biometrische Reisepass ist auch der neue Personalausweis quasi eine Spätfolge der Terroranschläge vom 11. September 2001. Aus Sicht der Behörden ist die entscheidende Neuerung das digitale Foto mit biometrischen Merkmalen, das elektronisch gespeichert wird. Es ermöglicht, so das Bundesinnenministerium, "eine effiziente und sichere Personenkontrolle", die bei der Kriminalitätsbekämpfung helfen soll. Diese Daten dürfen nur von der Polizei und bei Grenzkontrollen ausgelesen werden. Juristische Grundlage dafür sind die Anti-Terror-Gesetze, die nach 9/11 auch in Deutschland erlassen worden waren. Der neue Ausweis soll außerdem fälschungssicherer als sein Vorgänger sein und kann dank einer möglichen elektronischen Datenübertragung bei Internetgeschäften eingesetzt werden.
Welche Daten enthält das neue Dokument?
Die aufgedruckten Daten bleiben gleich, sie sind allerdings zusätzlich noch in einem Chip gespeichert. Adressänderungen werden sowohl mit einem Aufkleber als auch elektronisch vermerkt.
Welche Funktionen bietet der neue Perso?
Aus Verbrauchersicht am interessantesten ist, dass der Daten-Chip auch für private Geschäfte ausgelesen und genutzt werden kann. Dazu muss der Ausweisbesitzer eine PIN eingeben, die nur ihm bekannt ist. So kann man sich zum Beispiel beim Online-Shopping ausweisen. Das soll den Missbrauch eindämmen. Natürlich lassen sich auch die übrigen Daten wie die Wohnadresse übertragen - der Ausweisbesitzer entscheidet darüber, welche Informationen er preisgibt. Wenn beispielsweise keine Altersangabe notwendig ist, kann er das Geburtsdatum zurückhalten. Die Abfrage solcher Daten können im übrigen nur Unternehmen vornehmen, die ein staatliches Berechtigungszertifikat haben. Es legt den genauen Umfang der Abfrage fest. Der Ausweis soll auch eine elektronische Signatur ermöglichen, die gleichberechtigt mit einer Unterschrift ist. Damit sollen bald verbindliche Geschäfte und Verträge online abgeschlossen werden können, beispielsweise eine Kfz-Anmeldung oder die Abgabe einer Steuererklärung. All diese Services sind optional, der Ausweisinhaber kann frei entscheiden, ob er die Chipfunktion aktivieren beziehungsweise die Signatur einspeichern lässt.
Wie funktioniert die Datenübertragung genau?
Der Nutzer braucht ein spezielles Chipkartenlesegerät, das per USB-Kabel mit Computern verbunden wird und die Daten des Personalausweises über Funk einliest. Drei Versionen mit unterschiedlichen Sicherheitsstufen ("Basis", "Standard", "Komfort") soll es geben. 1,5 Millionen Geräte gibt der Staat gratis oder verbilligt an die Bürger ab. Für die Verarbeitung der Daten ist außerdem eine bestimmte Software notwendig, die der Bund im Internet als Download zur Verfügung stellt. Die Nutzung der elektronischen Signatur ist nicht mit dem Basisgerät, sondern nur mit den höherwertigen Kartenlesern möglich, dafür gibt es außerdem eine gesonderte PIN.
Ist der Perso wirklich sicher?
Der Chaos Computer Club (CCC) hält die Chipfunktionen des Ausweises für "praxisuntauglich für den normalen Bürger". Wenn Hacker nämlich mit Spionageprogrammen fremde Computer übernehmen, können sie unter Umständen auch die geheime Ausweis-PIN abfangen. Mit der so gestohlenen Identität lässt sich dann allerhand Schindluder treiben. Der CCC demonstrierte sogar, dass sich die PIN ändern lässt. Experten der Bundesregierung versuchen zu beruhigen: Das vom CCC nachgestellte Szenario sei nur möglich, wenn der Computer ungesichert sei. Eine Firewall, ein aktueller leistungsstarker Virenscanner und die letzten Sicherheitsupdates für Betriebssystem und Browser würden solch einen Hackerangriff verhindern. Der CCC hingegen meint, man könne nicht voraussetzen, dass jeder Bürger seinen "PC angemessen sichert". Der demonstrierte Datenklau ist allerdings nicht möglich, wenn der Ausweisbesitzer für die Übertragung eines der teureren Chipkartenlesegeräte nutzt, die eine bessere Sicherheitsaussstattung haben.
Sollen die Bürger Fingerabdrücke abgeben?
Ursprünglich sollten auch beim Perso Fingerabdrücke obligatorisch sein, nach heftigem Prostest ist die Speicherung nun freiwillig. Die Behörden und das Innenministerium empfehlen die Abgabe, weil sie angeblich die Personen-Identifizierung erleichtere. Datenschützer mahnen jedoch zur Vorsicht: Zum Beispiel im Ausland, wo Datenschutz weniger streng als in Deutschland gehandhabt wird, könnten die Abdrücke heimlich gespeichert werden. Außerdem könnten Kriminelle die Abdrücke missbrauchen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnt: "Das Problem ist, dass ich meine Fingerabdrücke nicht wechseln kann, wenn sie kompromittiert sind."
Ersetzt der Personalausweis den Reisepass?
Nein. Innerhalb des europäischen Schengen-Gebiets reicht der Personalausweis für den Grenzübertritt, für andere Länder wird nach wie vor der Reisepass benötigt. Für Personen über 16 Jahre gilt in Deutschland eine Ausweispflicht - dafür braucht es einen Personalausweis oder einen Reisepass.

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Was kostet der neue Ausweis?
Die Kosten steigen immens. Wurden für den alten Personalausweis acht Euro fällig, müssen Bürger ab 24 Jahren nun 28,80 Euro zahlen. Für unter 24-Jährige kostet das neue Dokument 22,80 Euro. Extra-Gebühren werden für das nachträgliche Aktivieren der Online-Funktion fällig (sechs Euro), wenn man sie bei der Aushändigung hat sperren lassen. Das Sperren bei Verlust ist kostenlos, das Entsperren kostet wiederum sechs Euro.
Müssen jetzt alle Bürger ihre Ausweise umtauschen?
Nein, die alten Personalausweise behalten ihre Gültigkeit. Laufen sie ab, gibt es ab 1. November nur noch die neuen Dokumente. Sie sind wie die alten zehn Jahre beziehungsweise bei unter 24-Jährigen sechs Jahre gültig.
Was halten die Deutschen von dem neuen Perso?
Die Meinung in der Bevölkerung ist gespalten. 46 Prozent der Deutschen finden die Einführung gut, 45 Prozent sind dagegen, wie eine Umfrage des IT-Verbandes Bitkom im Frühjahr dieses Jahres ergab.