Frankreich Papst warnt vor Gottlosigkeit

Papst Benedikt XVI. hat Europa an seine christlichen Fundamente erinnert. Die europäische Kultur wurzle im Glauben und dürfe diese Verbindung nicht kappen, sagte er. Das Kirchenoberhaupt hat das Verhältnis von Religion und Staat zum Thema seiner ersten Reise ins traditionell katholische Frankreich gemacht.

Papst Benedikt XVI. hat zu Beginn seines Frankreich-Besuchs eine "Gottlosigkeit in der modernen Welt" beklagt und vor Fanatismus in einem Leben ohne Bindungen gewarnt. "Für viele ist Gott heute der große Unbekannte geworden", sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche am Freitag, dem ersten Tag seiner viertägigen Reise, vor etwa 700 Kulturschaffenden und Intellektuellen im Pariser Collège des Bernardins.

Zunächst war Benedikt im Elysée-Palast von Präsident Nicolas Sarkozy empfangen worden. Dabei wies das Kirchenoberhaupt auf die vergrößerte Kluft zwischen Arm und Reich hin sowie auf den Beitrag, den die Kirche zur Armutsbekämpfung leiste. Es sei jedoch Sache des Staates, die Ungerechtigkeit durch entsprechende Gesetze einzuschränken, betonte der Papst.

Während seiner Fahrt durch die Straßen von Paris wurde der 81-jährige deutsche Papst von der Bevölkerung der Hauptstadt gefeiert. Benedikt ist vor allem wegen der 150-Jahr-Feiern der Marienerscheinungen an diesem Wochenende im Wallfahrtsort Lourdes nach Frankreich gekommen.

"Eine rein positivistische Kultur, die die Frage nach Gott nur im persönlichen Bereich zulässt, wäre die Kapitulation des Verstandes", meinte der Papst vor den Kulturschaffenden. "Die Grundlage der europäischen Kultur, nämlich die Suche nach Gott und die Bereitschaft, ihn zu hören, bleibt heute weiterhin die Basis jeder wahren Kultur", betonte er. Die christlichen Wurzeln der europäischen Kultur seien nicht zuletzt durch das Mönchtum, dessen Ethos der Arbeit und des Wortes geprägt, betonte der Kirchenführer.

Zugleich warnte er vor der Fanatismus-Falle: "Wenn die europäische Kultur heute Freiheit als Verzicht auf jegliche Bindungen verstehen würde, wäre das schlimm, weil es Fanatismus und Willkür fördern würde."

Sarkozy sagte, dass trotz der in Frankreich scharfen Trennung von Kirche und Staat das Gespräch mit den Religionen gesucht werden müsse. "Der Dialog mit und unter den Religionen ist die größte Herausforderung des beginnenden Jahrhunderts", sagte Sarkozy. "Ich respektiere die Religionen. Ich kenne die Fehler, die in ihrem Namen in der Vergangenheit begangen wurden, aber auch ihren Beitrag, den sie für die Menschheit geleistet haben."

Benedikt traf in Paris auch mit Vertretern der jüdischen und der muslimischen Gemeinde zusammen. Drei Viertel der Franzosen sind Katholiken, fünf Millionen Muslime und etwa 650.000 Juden.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Abendgebet in Notre Dame

Zum Abschluss des ersten Tages in Frankreich feierte Benedikt XVI. am Abend in der Pariser Kathedrale Notre Dame das Abendgebet. "Die Kathedrale erhebt sich im Herzen der Stadt als ein lebendiges Zeichen der Präsenz Gottes inmitten der Menschen", sagte Benedikt XVI. in der festlich beleuchteten gotischen Kirche. Die Jugendlichen, die sich vor der Kathedrale zu einer Gebetsnacht versammelt hatten, forderte er auf, Zeugnis für ihren Glauben abzulegen. "Habt keine Angst, habt den Mut, das Evangelium zu leben und die Kühnheit, es zu verkünden", betonte der Papst. "Die Kirche vertraut euch", fügte er hinzu.

Sarkozy und seine Frau Carla hatten das Kirchenoberhaupt am Morgen bei Nieselregen auf dem Flughafen Paris Orly begrüßt. Mit dem persönlichen Empfang des Papstes hatten sie ihm eine besondere protokollarische Ehre erwiesen. Der Papst hält sich auf seiner zehnten Auslandsreise auf Einladung Sarkozys zunächst in Paris auf und will am Samstag vor dem Invalidendom mit Hunderttausenden eine Messe feiern. Am Abend wird er in Lourdes erwartet.

DPA · Reuters
DPA/Reuters