Bei Ermittlungen gegen einen vermutlich rechtsextremen Waffenbesitzer aus Hamburg haperte es offenbar an polizeiinternen Abstimmungen. Obwohl der Beschuldigte als amtlich registrierter Jäger legal fast 40 Gewehre und Pistolen besaß, wurde die zuständige Waffenbehörde erst mit monatelanger Verzögerung über das Verfahren gegen den Mann wegen rechter Umtriebe informiert. Das ergibt sich aus einer Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der Linken. "Wenn jemand eines Hassverbrechens beschuldigt wird, sollte eine Abfrage der Ermittlungsbehörden an die Waffenbehörde und eine Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit obligatorisch sein", kritisiert ihr innenpolitischer Sprecher der Partei, Deniz Celik. Stattdessen seien vier Monate vergangen, in denen der Beschuldigte weiter habe Waffen horten können, so Celik: "Dieser Umgang ist fahrlässig."
Zunächst hatte die Kriminalpolizei Passau den Fall angestoßen. Der Waffenbesitzer aus Hamburg soll in einem WhatsApp-Chat mit rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Inhalten zwei Hitler-Bilder gepostet haben. Am 18. April 2023 übernahm die Staatsanwaltschaft Hamburg die Ermittlungen, gut drei Wochen später erließ das Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss. Bei der darauffolgenden Razzia am 24. August dieses Jahres stürmte ein schwer bewaffnetes Team des Hamburger SEK die Wohnung des 51-Jährigen. Dabei wurde ein regelrechtes Arsenal beschlagnahmt: Neben den Gewehren und Pistolen hatte der Mann laut Polizeiangaben unter anderem über 100 Messer und Dolche, Bajonette, eine Armbrust sowie Munition gehortet.
Dienststellen stimmen sich schlecht ab
Wie nun bekannt wird, war die Waffenbehörde – in Hamburg handelt es sich um eine Dienststelle der Polizei – erst kurz vor der Aktion des Sondereinsatzkommandos ins Bild gesetzt worden. "Mangels vorheriger Hinweise auf einen Waffenbesitz wurde diese Tatsache im Rahmen der Vorbereitung auf die Durchsuchung ermittelt und in der Folge auch die Waffenbehörde informiert.", teilte der Senat auf die Anfrage mit. Wann genau dies geschehen sei, "ist nicht dokumentiert". Offenbar also erst Monate nach Übernahme das Falls.
Zuletzt hatte die Amoktat des offensichtlich psychisch kranken Philipp F. in der Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas mit acht Toten sowie der Schuss eines Reichsbürgers auf einen Polizisten in Reutlingen die Diskussionen um ein schärferes Waffenrecht entfacht. Doch bereits heute können die Waffenbehörden Extremisten die Zuverlässigkeit absprechen und eine Waffenerlaubnis entziehen. Dafür müssten sie von anderen Dienststellen allerdings rechtzeitig über entsprechende Ermittlungen und Hinweise informiert werden. Daran hapert es. Vor allem nachrichtendienstliche Erkenntnisse werden oft nicht weitergegeben – zum Teil auch, weil wiederum Verfassungsschutzgesetzte einen Austausch verhindern. Laut Verfassungsschutzbericht gab es im vergangenen Jahr 35.452 Straftaten mit extremistischem Hintergrund. Die Zahl der Personen mit einer amtlichen Waffenerlaubnis, die unter Extremismus-Verdacht stehen, wurde nach einer Umfrage bei den Bundesländern zuletzt mit rund 1000 angegeben.