Die Idee kam ihm auf seiner Pilgerreise nach Mekka. Der Laden, den Abdelaziz Aouragh unweit der heiligsten Stätten sah, war für ihn der Anfang einer Assoziationskette, an deren Ende ein ungewöhnliches Geschäftsmodell stand. Eines nämlich, das zwei Begriffe miteinander verband, die in der Öffentlichkeit eher wenig miteinander zu tun haben: Sex und Islam. Der Laden, den der 29-jährige Amsterdamer in der Nähe der Kaaba sah, war eine Boutique für Dessous, und seine Idee die des ersten Internet-Erotikshops für Muslime.
"Viele Leute halten so etwas kaum für möglich, weil sie Muslime als lustfeindlich ansehen", sagt Aouragh. Der Ansturm auf seine kürzlich freigeschaltete Website allerdings zeigt, dass dies ein Irrtum ist. "Bestellungen und Nachfragen kommen aus vielen Teilen der Welt", sagt er. Anfangs brach sogar der zu klein dimensionierte Webserver unter den rund 70.000 Klicks der ersten Stunden zusammen. Inzwischen aber steht die Seite El-asira.eu im Netz, stabil und - natürlich - schariakonform. Denn die Massageöle, Gleitgele und Aphrodisiaka, die Aouragh in Schweden herstellen lässt, enthalten weder Alkohol noch Schweinefett oder andere Produkte von Tieren, die nicht vorschriftsmäßig geschlachtet wurden.
Gefunden in ...
... der "Financial Times Deutschland"
Schon die Startseite des Portals macht klar, dass El Asira die Traditionen hochhält - es gibt eine Tür für Männer und eine für Frauen. Islamverträglich auch das Layout: "Wir haben selbstredend keine Nacktbilder oder gar pornografische Darstellungen verwendet", sagt Aouragh, der als Sohn eines marokkanischen Schreiners auf die Welt kam und sich selbst als überzeugten Muslim bezeichnet. Ruhige Grau-, Senf- und Pinktöne herrschen bei den Verpackungen vor, nacktes Fleisch sucht man auch auf ihnen vergebens. Selbst die Namen sind verhältnismäßig brav: "Masculine", "Lovpil" oder "Pure Power" heißen die Fläschchen und Pillenschachteln.
Natürlich wolle er mit El Asira Geld verdienen, sagt Aouragh. Schließlich habe er den Händlerinstinkt der Holländer verinnerlicht. Aber vielleicht könne er auch helfen, ein "falsches Image des Islam" zu korrigieren. "Das Bild von der Frau in der Küche, unterdrückt und eingezwängt, ist nicht repräsentativ. Es gibt viel Liebe, Lebensfreude und Erotik zwischen muslimischen Paaren." Sex dürfe nicht tabuisiert werden, meint er, "deshalb haben wir die Website El Asira genannt, das bedeutet Gesellschaft".
E-Mails mit Protesten und Drohungen
Dass es Muslime gibt, die seine liberale Einstellung nicht ganz teilen, das weiß Aouragh selbst. E-Mails hat er bekommen, mit Protesten und mit Drohungen, aber seine Kritiker verweist der Erotikhändler auf den Imam Boularia Houari. Der 35-jährige Gelehrte predigt in den Niederlanden und berät unter anderem muslimische Paare in sexuellen Fragen. Für Aouragh holte Houari eigens den Rat konservativer Geistlicher in Saudi-Arabien ein, um ganz sicherzugehen.