Oberlandesgericht Drohnen für Hisbollah? 35-Jähriger in Celle vor Gericht

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 35-Jährigen vor, als Auslandsoperateur maßgeblich in das Drohnenbeschaffungsprogramm der Hisbol
Die Bundesanwaltschaft wirft dem 35-Jährigen vor, als Auslandsoperateur maßgeblich in das Drohnenbeschaffungsprogramm der Hisbollah eingebunden gewesen zu sein. Foto
© Shireen Broszies/dpa
Ein Video zeigt den Angeklagten in Uniform bei einer Hisbollah-Veranstaltung. Er bestreitet, der Miliz nahezustehen – doch die Bundesanwaltschaft wirft ihm so einiges vor.

Ein altes Video, ein Angeklagter in militärischer Uniform und der Vorwurf millionenschwerer Beschaffungen für die Hisbollah: Mit diesen Bildern und Anschuldigungen hat vor dem Oberlandesgericht Celle der Prozess gegen einen 35-Jährigen begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem zuletzt in Salzgitter wohnhaften Mann vor, das Drohnenprogramm der Schiitenmiliz Hisbollah logistisch unterstützt zu haben.

Drohnenteile im Wert von rund 1,4 Millionen Euro beschafft?

Der Mann mit libanesischer Staatsangehörigkeit soll seit 2022 zunächst von Spanien aus und später aus Deutschland heraus im Auftrag der Miliz Komponenten und Materialien für den Bau von Drohnen im Wert von rund 1,4 Millionen Euro beschafft haben, hieß es bei der Verlesung der Anklage.

Video zeigt Angeklagten auf Veranstaltung der Hisbollah

Der Vorsitzende Richter ließ vor Gericht ein mehrere Jahre altes Video vorspielen, das den Angeklagten bei der Trauerfeier zum Tod seines Onkels auf der Bühne bei einer Rede zeigt. Darin ist der heute 35-Jährige in militärischer Uniform zu sehen, ebenso viele Symbole der Miliz und viel Grün und Gelb ‒ die Farben der Hisbollah.

Der Beschuldigte entgegnete, er sei das erste und letzte Mal so angezogen gewesen. Ein Anhänger der Hisbollah habe für ihn sowohl die Rede als auch die Bekleidung ausgewählt, er habe lediglich wegen Drucks aus seiner Familie dort gestanden.

Ziel der Schiitenmiliz ist die Vernichtung Israels

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?

Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.

Dem zuletzt in Salzgitter bei seiner älteren Schwester wohnhaften Familienvater werden rund 50 Einzeltaten vorgeworfen. Das erklärte Ziel der Schiitenmiliz ist laut Anklage die Vernichtung Israels, sie befürworte den Einsatz von Gewalt nicht nur gegen militärische Ziele, sondern auch gegen Zivilisten.

Teile der Ausrüstung sollen laut Anklage in Sprengstoffdrohnen verwendet worden sein, die die Hisbollah gegen israelische Ziele einsetzte. Eine Drohne soll im Oktober 2024 in einem Seniorenheim in der Küstenstadt Herzlia nahe Tel Aviv explodiert sein.

Anklage: 200 Senioren sollten im Schlaf überrascht werden

Verletzt wurde zwar demnach niemand. Jedoch sollen sich laut Anklage zum Zeitpunkt des Angriffs etwa 200 Bewohner im Seniorenheim aufgehalten haben. Die Hisbollah habe die Absicht gehabt, diese im Schlaf zu überraschen.

Die Bundesanwaltschaft wertet den Vorgang in ihrer Anklage als Beihilfe zum versuchten Mord. Zudem werden dem Mann die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen sowie Verstöße gegen Embargobestimmungen der Europäischen Union.

Dem Vertreter der Bundesanwaltschaft zufolge erklärte der Angeklagte schon vor mindestens rund zehn Jahren öffentlich seine Mitgliedschaft in der Hisbollah. Familienmitglieder wie Vater und Onkel des Mannes seien im militärischen Arm der Hisbollah aktiv gewesen.

Angeklagter: Onkel hat nicht über Arbeit für Hisbollah gesprochen

Der Angeklagte entgegnete, sein Onkel habe zwar für die Hisbollah gearbeitet, aber zu Hause nie darüber gesprochen. Das würden Angehörige des militärischen Armes in der Regel so handhaben. Sein Vater hingegen habe nie etwas mit der Schiitenmiliz zu tun gehabt - er sei gestorben, als er erst drei Jahre alt gewesen sei. 

Der beschuldigte Libanese sagte vor Gericht, er habe in der Vergangenheit eher Konflikte mit Anhängern der Hisbollah in seiner Familie gehabt. So habe ihn einmal ein Cousin dafür kritisiert, dass er Musik höre oder alkoholfreies Bier einer Marke trinke, die auch alkoholhaltiges Bier verkaufe. Das habe er beides nicht verstanden. Nach eigenen Angaben habe er der Schiitenmiliz nie nahegestanden.

Angeklagter vor Gericht auf drei Dolmetscher angewiesen

Der Angeklagte äußerte sich vor Gericht ausschließlich auf Arabisch, ihm standen zur Verständigung insgesamt drei Dolmetscher zur Verfügung: Einer vermittelte zwischen ihm und seinen zwei Verteidigern. Zwei weitere Dolmetscher gewährleisteten zudem die Kommunikation zwischen dem Angeklagten und dem Senat.

Der Mann soll laut Anklage die Bestellungen von militärisch nutzbaren Komponenten von Drohnen in mehreren Ländern verantwortet haben, darunter seien verschiedene Typen von Motoren, Propeller und Neigungsmesser gewesen. Dafür habe er von der Schiitenmiliz Provisionszahlungen erhalten.

Nach Behördenangaben sollen Lieferung und Bezahlung über Briefkastenfirmen und verdeckte Transportwege in den Libanon organisiert worden sein. Der Transport sei unter anderem vom Hamburger Hafen aus oder per Luftfracht erfolgt. 

Angeklagter wurde im vergangenen Jahr in Salzgitter festgenommen

Bislang sind Verhandlungstermine bis zum August kommenden Jahres angesetzt. Der Angeklagte war im Sommer 2024 in Salzgitter festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

dpa