Ein Jahr nach dessen Inkrafttreten bewertet die Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch, das Selbstbestimmungsgesetz als großen Erfolg. Sie habe "in vielen Gesprächen unendliche Erleichterung" bei Trans-, Inter- und nicht-binären Menschen gespürt. "Das zeigt mir in aller Deutlichkeit, dass das Gesetz ein großer und wichtiger Fortschritt ist", sagte die SPD-Politikerin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
"Ohne korrekte Ausweisdokumente ist die gesellschaftliche Teilhabe stark eingeschränkt", sagte Koch. Es sei daher gut und richtig, das Verfahren zur Korrektur von Vornamen und Geschlechtseinträgen niedrigschwellig zu gestalten.
Seit dem 1. November 2024 können Menschen ihren Vornamen und Geschlechtseintrag per Erklärung beim Standesamt ändern lassen. Seither haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mehr als 22.000 Menschen in Deutschland ihren Geschlechtseintrag im Geburtenregister ändern lassen. Das zeigten teils vorläufige Daten von November 2024 bis Juli 2025. Zuvor war eine Änderung zwar möglich, aber komplizierter.
Und was, wenn das Gesetz missbraucht wird?
"Dass eine einzelne Person das Gesetz ins Lächerliche ziehen wollte", sagte Koch, "sollte uns den Blick auf diese Erleichterung so vieler Menschen nicht verstellen." Die sächsische SPD-Landtagsabgeordnete sagte dies mit Blick auf den wohl bekanntesten Fall der verurteilten Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich. Es werde immer Menschen geben, "die uns als offene Gesellschaft spalten und verunsichern wollen", sagte Koch. Dem dürfe man "nicht reflexartig auf den Leim gehen".
Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass Sven Liebich seinen Geschlechtseintrag von männlich auf weiblich und den Vornamen in Marla Svenja hatte ändern lassen. Liebich war 2023 vom Amtsgericht Halle wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Die Haft trat sie nicht an, seitdem wird nach ihr gefahndet.
Der Fall Liebich hatte die Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz wieder angefacht. Vor allem aus der Union, etwa von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), kam Kritik an dem vereinfachten Änderungsverfahren und die Forderung nach Gesetzesreform.