Thüringens Ausgaben steigen in den kommenden beiden Jahren auf ein Rekordniveau. Der Landtag in Erfurt beschloss am Donnerstag einen Doppelhaushalt, der 2026 ein Volumen von mehr als 14,8 Milliarden Euro hat. 2027 wachsen die Ausgaben auf mehr als 15,1 Milliarden Euro. Um sie zu finanzieren, muss das Land hohe Schulden aufnehmen.
Die Ausgaben fallen nach dem Willen des Parlaments insgesamt um rund 300 Millionen Euro höher aus als von der Regierung geplant - dafür sollen prognostizierte Steuermehreinnahmen genutzt werden. Grund für den Anstieg der Ausgaben sind eine Vielzahl von Korrekturen am Regierungsentwurf - unter anderem deutlich höhere Zahlungen an die Kommunen. In diesem Jahr hat der Landeshaushalt ein Volumen von rund 14 Milliarden Euro.
Kompromiss ermöglicht Haushalt
Thüringens Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD brachte den Etat durch, obwohl sie im Landtag nur die Hälfte der 88 Sitze und damit keine eigene Mehrheit hat. Möglich machte das ein Kompromiss mit der oppositionellen Linke-Fraktion, die sich bei der entscheidenden Abstimmung mehrheitlich enthielt.
Die Linke-Abgeordneten Lena Saniye Güngör und Jens Thomas votierten gegen den Etat, ebenso wie die komplette AfD als größte Landtagsfraktion, nach deren Ansicht der Haushalt Thüringen in den Schuldenstaat führt.
Der Etat stehe für Verlässlichkeit, Wachstum und Zukunftssicherheit, erklärte Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) nach der Abstimmung. Kommunen, Unternehmen, Vereine, Verbände und soziale Einrichtungen hätten nun sichere finanzielle Rahmenbedingungen. Die Investitionsausgaben würden von bisher knapp 2,0 Milliarden auf 2,3 Milliarden Euro im kommenden Jahr steigen.
Die Präsidentin des Rechnungshofs, Kirsten Butzke, kritisierte, dass Steuermehreinnahmen nicht genutzt würden, um das "historisch hohe Finanzierungsdefizit von rund einer Milliarde Euro jährlich" abzubauen. Thüringen habe eine Haushaltskonsolidierung nötig.
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Verschuldung für mehr Investitionen
Um die Ausgaben zu finanzieren, muss das Land kräftig neue Kredite aufnehmen - insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro, davon allein 867 Millionen Euro im nächsten Jahr. Finanzministerin Katja Wolf (BSW) verteidigte die hohe Neuverschuldung in der Generaldebatte am Mittwoch. Sie ermögliche Investitionen vor allem in die Infrastruktur wie Schulen, Sportstätten oder Kindergärten. "Auch eine marode Infrastruktur ist eine Verschuldung", sagte Wolf. Pro Einwohner würden jetzt 1.350 Euro statt bisher 983 Euro in Investitionen gesteckt.
Die Linke setzte nach einem Kompromiss mit der Regierungskoalition mehr Geld durch im Sozialen, ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr ab Sommer 2027 und einen Industriefonds mit 70 Millionen Euro.
AfD-Anträge, die erst kurz vor der Entscheidung vorgelegt wurden, fanden keine Mehrheit. Auch sie hätten die Neuverschuldung nicht deutlich verringert.
Die Linke begründete ihre Enthaltung trotz durchgesetzter Forderungen mit Kritik am geplanten Investitionsprogramm für die Kommunen von einer Milliarde Euro bis 2029, das ausschließlich über Kredite finanziert werden soll. Zins, Tilgung sowie die Umsetzung des Programms durch die Landesförderbank würden im schlechtesten Fall die möglichen kommunalen Investitionen übersteigen.
Geld für Feuerwehrhäuser und Sporthallen
Wie Sachsen und Sachsen-Anhalt sollte Thüringen lieber seinen Anteil aus dem Sondervermögen des Bundes an die Kommunen weitergeben, so Linke-Fraktionschef Christian Schaft in der Generaldebatte. Damit kämen über mehrere Jahre insgesamt 1,2 Milliarden Euro für die Kommunen zusammen.
Von den Nachbesserungen im Doppelhaushalt sollen vor allem die Kommunen profitieren. Insgesamt sollen nach Angaben der CDU-Fraktion 277 Millionen Euro mehr vom Land in die Kassen von Städten, Gemeinden und Kreisen fließen. Die Liste der Korrekturen reicht von 16,8 Millionen Euro zusätzlich für Feuerwehrhäuser und Fahrzeuge oder 14 Millionen Euro zusätzlich für Baumaßnahmen an Schulen und Schulsporthallen. Thüringens Bäder können mit 13 Millionen Euro mehr rechnen - auch zur Sicherung des Schwimmunterrichts.
Hilfen für Kitas mit wenigen Kindern
Geld soll es auch geben, um überhastete Kindergartenschließungen wegen immer weniger betreuter Kinder möglichst zu verhindern. Im kommenden Jahr sollen nach Angaben von Linke und SPD fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, um Personal- und Sachkosten in Kindergärten mit weniger als 40 Kindern zu finanzieren.
2027 solle ein Fonds mit einem Volumen von zwölf Millionen Euro aufgelegt werden. Mit dem Geld sollen Strukturveränderungen in Kindereinrichtungen ermöglicht werden - beispielsweise indem sie auch als Treffpunkt für die Bürger von Gemeinden oder Wohngebieten genutzt werden.