Skandal um Brustimplantate Landgericht Karlsruhe entscheidet über Schadenersatz

Die Rückrufaktion für Billig-Brustimplantate sorgte zum Jahreswechsel für Aufregung. Nun verhandelt das Landgericht Karlsruhe über Schadensersatz.

Im Schadenersatzprozess um Brustimplantate aus Billig-Silikon sieht das Landgericht Karlsruhe keine Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit deutscher Behörden. Die französische Aufsichtsbehörde habe erst 2010 vor den mangelhaften Implantaten des Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) gewarnt, sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter Eberhard Lang in der mündlichen Verhandlung. Das spreche dagegen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuvor eine Pflicht zum Einschreiten gehabt habe. Eine Frau aus Waghäusel (Baden-Württemberg) hat auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geklagt. Ihr wurden 2007 PIP-Implantate eingesetzt.

Der Vorsitzende Richter bemängelte allerdings, dass die Kontrollen des TÜV Rheinland zumindest dem Gericht gegenüber nicht ausführlich genug dokumentiert worden seien. Es seien aber keine konkreten Versäumnisse des TÜV dargelegt. Der TÜV hatte die Implantate als Medizinprodukte zertifiziert.

In Karlsruhe wird seit Dienstagmorgen über die erste Schadenersatzklage in Deutschland seit dem PIP-Skandal verhandelt. Das Unternehmen hatte über Jahre hinweg Brustimplantate verkauft, die mit Industriesilikon gefüllt waren, das dafür nicht zugelassen ist.

Pariser Gesundheitsministerium startete Rückrufaktion

Die beispiellose Rückrufaktion für minderwertige Brustimplantate des französischen Gesundheitsministeriums sorgte zum Jahreswechsel für Aufregung. Ende 2011 empfahl das Ministerium 30 000 Frauen eine vorsorgliche Entfernung von Billig-Implantaten. Es handelte sich um Silikon-Einlagen des 2010 in Konkurs gegangenen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) aus Südfrankreich. Deren Silikon kann heraussickern, sich im Körper verteilen und Entzündungen auslösen. Unbewiesen ist bislang, ob dies das Krebsrisiko erhöht.

In Frankreich hatten einige Fälle von Tumorerkrankungen bei Frauen mit PIP-Implantaten Sorge ausgelöst. Mehr als 2000 Frauen hatten dort seit 2010 wegen der betroffenen Silikon-Einlagen Anzeige erstattet. Frankreich hatte die Vermarktung, den Vertrieb und die weitere Verwendung der Brustimplantate im April 2010 europaweit untersagt.

Unternehmen hatte nicht zugelassene Produkte verwendet

In Deutschland riet im Januar 2012 auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die Kissen entfernen zu lassen. Die Empfehlung wurde später auch für Silikonkissen des Herstellers Rofil Medical ausgesprochen, der solche Implantate bei PIP eingekauft und unter eigenem Namen vertrieben hatte. Auch auf das Produkt "TiBreeze" der ehemaligen Firma GfE Medizintechnik wurden die Empfehlungen mittlerweile ausgeweitet.In Deutschland sind nach Behördenangaben rund 5000 Frauen betroffen. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, wurde zunächst nicht bekanntgegeben.

Firmengründer Jean-Claude Mas gab zu, dass für die Produktion nicht zugelassenes Silikon verwendet worden sei, von dem allerdings keine Gesundheitsgefahr ausgehe. Grund war nach Angaben seines Anwalts Gewinnstreben. Das verwendete Industrie-Silikon soll fünfmal günstiger gewesen sein als das Silikon für medizinische Zwecke. Gegen Mas und den früheren Vorstandschef des Unternehmens läuft ein Anklageverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung.

DPA
steh/DPA

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