Montag, 21. März, 10.30 Uhr: Fast auf die Minute genau drei Wochen nach dem spektakulären Rücktritt des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich sein System zurück. Wie? Strahlend, schlagfertig, blond. So, als hätte es nie eine Plagiatsaffäre gegeben, einen Skandal, einen Zapfenstreich. Und das ist in Zeiten von Erdbeben, Krieg und Mikrosievert beinahe wie ein Ausflug ins Gestern. In eine heile, vergangene Welt.
Weitab vom Hauptstadt-Gesumse präsentiert sich Stephanie von und zu Guttenberg nach kurzer Abstinenz der Öffentlichkeit. Sie beendet so den dreiwöchigen Phantomschmerz der großen Guttenbergschen Fangemeinde, ist Balsam für die waidwunden Seelen. In der Neckar-Metropole Mannheim darf ein Haufen rheinland-pfälzischer Mittelständler und Unternehmensdelegierter in der Industrie- und Handelskammer zumindest sie an diesem Vormittag erleben. Der örtliche IHK-Präsident hat "noch niemals so viele Fotografen und Kameraleute gesehen" wie an diesem Vormittag.
Ihre von einem Zopfgummi gefassten Haare leuchten vielleicht etwas weniger golden als in den Blitzlichtgewittern zu Zeiten des Bambi. Friseure würden ihren neuen Blondton wohl "aschig" nennen. Und die Frau im roten Party-Königinnen-Kleid ist sie an diesem Morgen auch nicht mehr. Das Bußgewand, das sie trägt, ist ein schwarzer Gehrock. Allein die roten Sohlen ihrer Pumps erinnern noch an schillernde Tage.
Eigene Posten abgeben? "Never"
Frau Stephanie ist als Schmankerl einer Auftaktveranstaltung gedacht, in deren Folge Unternehmer demnächst beim gemeinsamen Frühstück über sozial verantwortliches Wirtschaften nachdenken wollen. Schon heute sind die Vertreter der Schwergewichte der Region erschienen - von BASF bis zur Heidelberger Druck. Der Deutsch-Amerikanische Frauenarbeitskreis lauscht ebenso wie eine Dame, der mitten im Vortrag das Handy gleich zweimal losgeht. Sie alle sehen eine coole, geradezu gusseiserne Freifrau. ("Schöner Klingelton, ich würde am liebsten gleich lostanzen"). Sie sehen eine Charity-Lady, die "nicht eine Sekunde darüber nachgedacht" habe, so sagt sie stern.de, ihrerseits Posten, Schirmherrschaften und Präsidiumssitze abzugeben, nachdem ihr Mann aus dem politischen Olymp gestürzt war. "Never."
Für sie sei es immer "absolut klar" gewesen, dass sie ihre wohltätigen Engagements weiterführen würde. Guttenberg ist Präsidentin der deutschen Sektion von "Innocence in Danger", Schirmherrin der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in Bayern und wer weiß wo noch alles. Bald wird sie in Berlin ein Buch vorstellen und bei RTL2 in die zweite Runde der umstrittenen Doku-Reihe "Tatort Internet"starten.
Die Frau des gefallenen Polit-Darlings lebt drei Wochen nach dem Doktor-Desaster ihres Gatten nach dem Prinzip: "Stand by your Man – aber mach gefälligst dein eigenes Ding!" Schön, dass er sich im Prinzip jetzt mehr um die Töchter kümmern könnte. Neuerdings teilt sich das Paar in Berlin, wo es weiterhin wohnen will, ein "Guttenberg Family Office" im Stadtteil Charlottenburg. Auch schön eigentlich, wenn Eheleute auch im Business miteinander zu tun haben. Als Minister hat sie ihn ja aller Wahrscheinlichkeit nach oft nur nachts im Schlafanzug abpassen können.
Einfach alles niederlachen
Wer dennoch nach Spuren sucht, die das Stahlgewitter der vergangenen Wochen hinterlassen haben, fand – nichts. Keine Ironie, keine Bitterkeit, nichts Schnippisches. Sie lacht einfach jeden und alles nieder. In ihrer Rede perlen Begriffe wie "Unternehmerische Wertschöpfungskette" oder gar "Institutional Shareholder Services" munter von den zart beglossten Lippen. Wenn man dagegen ihre Vertrauten fragt, wie KTs Ehefrau die vergangenen Wochen erlebt habe, so hört man drei eher schmucklose Worte: "Scheiße, Scheiße, Scheiße." Eine gute halbe Stunde dauert das Referat und nur ganz am Anfang ertappt man sich noch dabei, zu grübeln, wie es wohl wäre, wenn ihr Mann noch im Amt wäre. Ob Deutschland dann wohl im Krieg wäre? An der Seite von Franzosen, Briten, Amerikanern? Ist es vorstellbar, dass sich Guido Westerwelle auch dann mit seinem Enthaltungskurs durchgesetzt hätte, wenn Guttenberg noch wäre? Wer weiß es schon... In Mannheim jedenfalls kracht an diesem Frühlingsanfang die Sonne in den Saal, als gäbe es weder Libyen noch Fukushima.
Und nach dem Vortrag isst sie eine Bockwurst. Aus der Hand. Noblesse oblige. Adel verpflichtet. Im Herbst ist sie dann wieder auf der großen Bühne und wird als Schirmherrin auch den Charity-Ball für "Innocent in Danger" eröffnen. "Kommt ihr Mann denn dann mal mit?", fragt ein Journalist. "Wer weiß", sagt sie und lacht auch den in die Schranken. Es reicht doch wohl, dass jetzt erstmal sie auf der Bildfläche erscheint.