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Und jetzt ... Django Asül Guttenberg hätte alles überstrahlt

Die Regierung streitet sich um AKW-Moratorium, die Opposition findet es ebenso falsch wie richtig, nur die Bayern denken an kreative Lösungen. Eine energetische Satire von Django Asül.

Es ist ein gewaltiges Wort: Atommoratorium. Hört sich irgendwie nach Begräbnis an. Nach dem endgültigen Garaus für die Brückentechnologie, die auch als Krückentechnologie eine gute Figur abgeben würde. Aber spätestens, wenn man erfährt, dass Frau Merkel sich zur Patin des Atommoratoriums empor erhoben hat, tippt man einmal mehr auf konsequente Inkonsequenz. Die deutsche Kanzlerin, eine der weltweit erfolgreichsten Hinterherhechlerinnen bei politischen Entwicklungen, sorgt wieder einmal für Sternstunden politischer Weitsicht. Auch in Sachen Energie stehen bei ihr Nachhaltigkeit und Gründlichkeit an erster Stelle. Das offenbarte sie schon im Herbst bei ihrem sensationellen Energiedeal: Die Laufzeiten der AKWs wurden verlängert, damit der Ausstieg aus der Atomenergie früher erfolgen könnte. Was Außenstehende dialektisch irgendwo zwischen Schizophrenie und Zufallsgenerator einordneten, war für die Kanzlerin selber der definitive Aufbruch in die ökologische Vernunft. Schließlich sind die deutschen Atomkraftwerke weltweites Vorbild: Die Schadstoffemission tendiert gegen null. Kein Gramm Kohlendioxid, Dioxin oder Sarrazin entweichen den sauberen und zuverlässigen Energielieferanten. Nichts anderes als ein Quell freudigen Stromes sind sie. Und da müsste die Bundesregierung schon mit dem Brennstab gepudert sein, würde sie auf den atomaren Ökostrom verzichten.

So war es jedenfalls bis vor ein paar Tagen. Gar Fürchterliches mit schlimmen Folgen musste geschehen, bis die Berater von der Kanzlerin mal genauer hinschauten. Der Blick hatte fatale Folgen: Erstmals kam der Verdacht auf, dass diese Brennstäbe im Reaktor eventuell nicht nur sehr heiß, sondern im Schadensfall auch schwerlich zu kühlen sind. Und darum jetzt ein Moratorium für drei Monate. So lang will sich die Bundesregierung überlegen, ob nun deutsche AKWs sicher sind oder nicht.

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Seit dem Drama in Japan spricht Merkel nicht mehr von sehr sicheren AKWs, sondern nur davon, dass sie sicher ist, dass es AKWs sind. Und wenn dann Anfang Juni die Landtagswahlen überstanden sind und tektonische Erschütterungen nach wie vor einen großen Bogen um Deutschland gemacht haben, kann über eine weitere Laufzeitverlängerung nachgedacht werden. Merkel denkt schließlich die Dinge vom Ende her. Und hängt deshalb gerne an einer Technologie, die das Ende verlässlicher besiegeln kann als dieser unsägliche Photovoltaik-Vollkornstrom.

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Seltsamerweise findet die Opposition diese Idee nicht so gut. Gut, das ist ja auch nicht ihre Aufgabe. Die SPD plädiert eindeutig für eine strikte Trennung zwischen Wahlen und Atomkatastrophen. Das eine hätte mit dem anderen nichts zu tun, so der alles andere als schnelle Brüter Steinmeier. Und deshalb sei dieses Moratorium falsch, wenn auch richtig. Einige Parteikomplizen von Merkel hingegen finden das Moratorium richtig, aber falsch. Weil das nämlich ohne Beschlussfassung des Bundestages gar nicht möglich sei, solange Deutschland keine Bananenrepublik sein will. Falsch, schreit seither Westerwelle, denn zum einen ist eine Regierungsbeteiligung der FDP schon allein aufgrund der gelben Farbe ein Indiz für eine Bananenrepublik. Und zum anderen ist der Bundestag sonst auch froh, wenn er sich bei heiklen Angelegenheiten wegducken kann. Und gerade das nicht Machbare auch entsprechend nicht umzusetzen ist ohnehin die Stärke der Liberalen.

Aus Bayern sind wiederum kritische Stimmen zu vernehmen, die behaupten, mit zu Guttenberg als Atomminister wäre ein Moratorium nicht nötig gewesen. Denn der Baron überstrahle nämlich alle und alles. Hardliner freunden sich bereits mit der Idee an, in Zukunft Atomkraftwerke nur noch in Schurkenstaaten zu bauen, weil im Falle eines Unglücks es keine Unschuldigen treffen würde. Letzten Endes sollte vielleicht auch der Verbraucher umdenken. Statt Strom aus Kernenergie sollte lieber nur der langweilige Strom aus der guten, alten Steckdose benutzt werden.

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Kann sich die Kanzlerin für so ein groß angelegtes Umsteuern begeistern? Im Moment macht sie eher einen leicht lethargisch-untersteuerten Eindruck. Ein Merkelmoratorium sozusagen. Und dem Bürger dämmert langsam: Diese Frau ist ein unkalkulierbares Risiko. Aber beim Thema Super-GAU denkt Deutschland seit Dienstagabend eher an den FC Bayern.

Django Asül live am 18.3. in Erkrath (Stadthalle), 20.3. Mönchengladbach (Kunstwerk), 22.3. Biedenkopf (Bürgerhaus), 23.3. Rüsselsheim (Theater)

Django Asül

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