Volkszählung Zensus 2022: Warum es eine Auskunftspflicht gibt, was (nicht) abgefragt werden darf

Zensus 2022
Wie viele Menschen leben in Deutschland? Wie viele Wohnungen stehen leer? Der Zensus soll es aufzeigen. In der Karte: Menschen auf einer Veranstaltung in Hannover 2017, im Hintergrund ein Blick auf Erfurt
© Montage: rös/stern / Picture Alliance
Seit Sonntag wird das Land beziehungsweise die Bevölkerung neu vermessen. Die Registererfassung wird durch Befragungen ergänzt. Der Zensus 2022 startet. Fragen und Antworten zur großen Volkszählung.

Deutschland zählt nach: Die Bevölkerung im Land zahlenmäßig wird neu erfasst. Stichtag war Sonntag, 15. Mai. Die Ergebnisse des Zensus sollen eine Datenbasis für künftige politische Entscheidungen bilden, etwa zum öffentlichen Wohnungsbau. Die letzte Volkszählung war 2011. Deutschland ist wie alle EU-Länder dazu verpflichtet, die Daten über die Menschen im Land alle zehn Jahre neu zu erheben. Eigentlich wäre es also schon vergangenes Jahr soweit gewesen, wegen der Corona-Pandemie wurde der Zensus allerdings in dieses Jahr geschoben. Anders als die 2021 abgehaltene Europameisterschaft 2020 heißt die Zählung aber auch Zensus 2022. 

Wer ist für den Zensus 2022 verantwortlich? 

Die statistischen Ämter der Länder und des Bundes sind für den Zensus zuständig. Die Landesämter führen die Befragungen durch, während das Bundesamt für die nötigen technischen Anwendungen und die Bereitstellung der IT-Infrastruktur für die Datenerfassung verantwortlich ist. Stichtag war der 15. Mai 2022.

Welche Daten werden erhoben und wie?

Dem Bundesamt für Statistik zufolge werden folgende Daten erhoben: 

  • aktuelle Bevölkerungszahlen
  • Daten zur Demografie, das heißt Alter, Geschlecht oder zum Beispiel Staatsbürgerschaft der Einwohnerinnen und Einwohner
  • Daten zur Wohn- und Wohnungssituation wie durchschnittliche Wohnraumgröße, Leerstand oder Eigentümerquote

Für die Erhebung werden anders als bei einer klassischen Volkszählung nicht alle Einwohner Deutschlands befragt. Es werden hauptsächlich Daten aus den Verwaltungs- und Melderegistern genutzt, die durch eine Stichprobe ergänzt werden. Bei dieser werden rund zehn Millionen Menschen befragt. An Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften wird eine Vollerhebung durchgeführt, da diese in den Registern nicht lückenlos erfasst sind und oft eine hohe Fluktuation stattfindet. Zusätzlich wird eine Wohnungs- und Gebäudezählung durchgeführt. Die Befragungen sollen standardmäßig mit Online-Fragebögen durchgeführt werden. 

Darf ich die Befragung verweigern? 

Nein. Im Rahmen des Zensus gibt es für Bürgerinnen und Bürger eine Auskunftspflicht, die sich aus dem Zensusgesetz 2022 ergibt. Wer keine, falsche oder unvollständige Auskünfte erteilt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Zwangs- bzw. Bußgeld von bis zu 5000 Euro belegt werden. Dies gilt auch, wenn Auskünfte zu spät oder in der falschen Form erteilt werden. 

Warum die Auskunftspflicht? Wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch verletzt? 

Die informationelle Selbstbestimmung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Grundgesetz. Es bedeutet laut Bundesverfassungsgericht das Recht, "selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen". Aber: Wenn ein überwiegendes Allgemeininteresse an der Verarbeitung personenbezogener Daten vorliegt, kann dieses Recht per Gesetz eingeschränkt werden. "Dies ist beim Zensus gegeben, weil die Daten zur Bevölkerung und zu deren Wohn- und Arbeitssituation Grundlage vieler wichtiger Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind", heißt es seitens der Statistikämter. 

Kann jeder meine Daten künftig einsehen? 

Nein. Der Datenschutz ist ebenfalls gesetzlich verankert. Es wird ein Geheimhaltungsverfahren angewendet. Auch die statistischen anderen statistischen Ämter dürfen "ausschließlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz und dem Zensusvorbereitungsgesetz 2022 im dort definierten Umfang auf die Daten zugreifen", heißt es im Gesetz. 

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Die im Ergebnis veröffentlichten Daten dürfen Menschen nicht identifizierbar machen, aus ihnen darf kein Rückschluss auf Einzelpersonen möglich sein. Gleichwohl ist das Ziel, dass aus den gesamten Daten so viele strukturelle Rückschlüsse wie möglich gezogen werden können. Die personenbezogenen Daten dürfen nicht an andere Behörden wie etwa Finanzämter weitergeleitet werden. 

Persönliche Informationen wie Name und Adresse werden den Statistikämtern zufolge zudem frühestmöglich gelöscht, also nicht dauerhaft gespeichert. Sie dienen organisatorischen Zwecken, etwa um Doppelungen zu vermeiden.

Was darf abgefragt werden? Und was nicht? 

Erhoben werden nur die oben angeführten demografischen und wohnungsbezogenen Daten. Ausdrücklich nicht erhoben werden Daten zum persönlichen Einkommen oder Impfstatus. Auch Bankdaten, PIN-Nummern, Passwörter, Kreditkartennummern, Ausweisnummern oder E-Mail-Adressen werden nicht abgefragt. Ebenso wenig wollen Erhebungsbeauftragte wissen, wann Sie Urlaub geplant haben. Die Befrager kommen nicht ohne Ankündigung. Offizielle Erhebungsbeauftragte haben zudem einen entsprechenden Ausweis, der sie legitimiert. Diesen können Sie sich zeigen lassen, er ist nur zusammen mit einem amtlichen Lichtbildausweis (etwa Personalausweis) gültig. Sie müssen die Interviewer nicht in Ihre Wohnung lassen, sondern können die Fragen auch an der Tür beantworten.  

Quellen: Zensus 2022 (i) (ii), (iii)Zensusgesetz 2022, BPB, Bundestag

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