In Madrid "Geh' mir nicht auf den Sack!": Arzt entdeckt Mann mit vermeintlichen Affenpocken in der Metro – sein Twitter-Post geht viral

Mann hält Hände übersät von Affenpocken in die Kamera
Die Hautveränderungen, die durch eine Affenpocken-Erkrankung auftreten, sind hochinfektiös
© Mustafa Kaya / Getty Images
Spanien ist stark von dem Affenpocken-Ausbruch betroffen. Die Infektionszahlen sind hoch, zwei Menschen starben bereits. Und dennoch scheinen die Spanier die Viruslage eher locker zu nehmen. Das zumindest suggerierte ein Twitter-Post. 

Mitte Juli, morgens halb sieben. Die Metro ist voll, es ist Rushhour. Mitten im Getümmel ein Mann, sein Körper bedeckt mit Pocken. Der Arzt Arturo M. kann nicht glauben, was er sieht. Affenpocken-Wunden von Kopf bis Fuß, auch an den Händen. Der Arzt weiß, dass der Mann eine wandelnde Infektionsquelle ist. Denn übertragen wird das Virus unter anderem durch den Kontakt mit eben diesen Hautveränderungen, in diesen ist die Viruskonzentration am größten. Dennoch scheint das weder den Infizierten noch die anderen Fahrgäste zu interessieren. Der Arzt reagiert. So die Geschichte des Mannes, die er später in einem Thread inklusive eines Bildes von den Beinen des vermeintlich Infizierten veröffentlichte. Der Post ging viral. Auch der stern berichtete. Wie sich nun herausstellt, war aber alles ganz anders.

Die Behauptung hatte es in sich. Darin beschrieb der Mann, der sich selbst als Arzt bezeichnet, dass er den Mann auf die vermeintliche Affenpocken-Infektion und die Ansteckungsgefahr angesprochen habe, auch mit einer weiteren Passagierin wollte Arturo M. gesprochen haben. In der Darstellung des Arztes glänzten beide durch Unwissenheit und Ignoranz, es wurde sogar das Vorurteil thematisiert, dass Affenpocken ausschließlich ein Problem von Homosexuellen sei. Statt Einsicht habe der 32-Jährige, so schrieb er,  gar eine Beleidigung geerntet. "Geh' mir nicht auf den Sack", soll der Infizierte gesagt haben. 

"Ich habe keine Affenpocken"

Nun hat sich der in dem Thread beschuldigte Mann selbst zu Wort gemeldet. Im Gespräch mit "20 Minutes" sagte er: "Ich habe keine Affenpocken und ich habe nie mit ihm gesprochen." Der Mann erklärt, dass er unter einer Krankheit namens Neurofibromatose leide, die Tumore verursache. Es handelt sich dabei um eine genetische Erkrankung, bei der Wucherungen von veränderte Nervengewebe unter der Haut auftreten. Auf der Haut entstehen flache, hellbraune Flecken. Er berichtet weiter, dass viele Menschen ihn in der U-Bahn auf seinen Gesundheitszustand ansprächen und er dann erkläre, dass seine Erkrankung nicht ansteckend ist. "Aus diesem Grund kann ich sagen, dass ich nie mit diesem sogenannten Arzt gesprochen habe", so der Mann.

Aber nicht nur das Gespräch sei ausgedacht, auch der Zeitpunkt, wann dieses stattgefunden haben soll. Datiert hatte es Arturo M. auf den frühen Morgen. "Das ist unmöglich, denn ich nehme die erste U-Bahn von Villaverde Alto und ich sitze immer, also konnte er keine Fotos von mir im Stehen um 6.20 Uhr machen", erklärt er. Inzwischen ist der unheilvolle Thread offline, der Account auf privat gestellt. (Hier kann man den archivierten Post noch sehen

Affenpocken – was Sie über die Krankheit wissen müssen
Affenpocken – was Sie über die Krankheit wissen müssen
© Michael Bihlmayer/ / Picture Alliance
Affenpocken: Was Sie über die Krankheit wissen müssen
© Teaserbild: Picture Alliance/Michael Bihlmayer

Spanien stark von Affenpocken betroffen

Anfang Mai hatten es die Affenpocken nach Europa geschafft. Einem ersten Fall in Großbritannien folgten Ausbrüche in Spanien, Italien, Belgien. Inzwischen ist das Virus längst auf Weltreise. Die Weltgesundheitsorganisation ist alarmiert, rief bereits Mitte Juli den weltweiten Gesundheitsnotstand aus. Offiziell ist von bisher etwa 19.000 bekannten Infektionen die Rede, Spanien ist derzeit am meisten betroffen. Dort wurden nun auch die zwei ersten Toten in Europa im Zusammenhang mit einer Affenpocken-Infektion gemeldet. 

Das Vorurteil, dass die Affenpocken ein Problem von Männern seien, die Sex mit anderen Männern haben, ist nicht neu. Tatsächlich kam eine Studie, die jüngst im Fachmagazin "New England Journal of Medicine" veröffentlicht wurde, zu dem Ergebnis, dass es sich in 95 Prozent der Affenpocken-Fälle um Infektionen durch sexuelle Kontakte handelt. Und ja, betroffen sind vor allem Männer. Jedoch interessiert den Erreger die sexuelle Orientierung seines "Opfers" nicht. Treffen kann die Krankheit prinzipiell jeden. Auch der Studienautor John Thornhill verwies darauf: "Es ist wichtig zu betonen, dass die Affenpocken keine Geschlechtskrankheit im traditionellen Sinne sind; sie können durch jede Art von engem körperlichen Kontakt übertragen werden.“ Aber auch eine Tröpfcheninfektion ist möglich – einerseits über genannte Läsionen, aber auch über Kleidung, Bettwäsche, Handtücher oder Gegenstände wie Essgeschirr, die durch den Kontakt mit einer infizierten Person mit dem Virus kontaminiert wurden, schreibt das Robert Koch-Institut.

In einer ersten Version des Textes hatte der stern über den Tweet berichtet. Die Richtigstellung des Beschuldigten ist neu.

Quelle: 20 Minutes, Twitter

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