Corona-Lage "Omikron schreibt jetzt die Regeln": Virologe Drosten sieht trotzdem ein Ende der Pandemie

Christian Drosten sitzt im Anzug vor einer blauen Wand
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin, gilt als einer der führenden Corona-Experten in Deutschland (Archivbild)
© Michael Kappeler / DPA
Virologe Christian Drosten hat in einem Interview seine Sicht auf die Corona-Situation in Deutschland und der Welt erklärt. Dabei hatte er gute wie schlechte Nachrichten.

Der Virologe Christian Drosten ist zuversichtlich, dass die Corona-Pandemie sich auf ihr Ende zubewegt. Als Beispiel führt er in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" England an: Dort werde es "wohl noch zwei Wellen bis zur endemischen Situation geben. Einmal infizieren sich von Weihnachten bis Ostern noch einmal viele Menschen. Dann kommt ein entspannter Sommer. Und dann wird es im Herbst noch einmal eine Nachdurchseuchung geben, wo man wohl auch noch einmal mit den angepassten Vakzinen dagegenboostern muss. Danach wird man sagen können: Die endemische Phase ist jetzt erreicht." Als endemische Phase bezeichnen Mediziner die Zeit, in der das Virus ein ganz normaler Begleiter des Menschen geworden ist.

Der Weg dorthin dürfte laut Drosten für Deutschland aber "viel schwieriger" werden als für England: wegen der großen Impflücken in der älteren Bevölkerung. "Das Boostern ist wichtig, aber es gibt auch noch viel zu viele gar nicht geimpfte Menschen über 60 Jahre, die die Infektion bisher nicht durchgemacht haben", sagte Drosten der Zeitung. "Wenn wir das Virus jetzt durchlaufen lassen, werden wir viele Tote haben und volle Intensivstationen. Davor darf man nicht die Augen verschließen, deshalb handelt ja auch die Politik."

1G: Zugang nur noch für Geboosterte

Auf die Frage, ob es in Deutschland einen Lockdown brauche, sagte Drosten, es gelte abzuwarten, "ob und wie die jetzt geltenden und noch einmal nachgezogenen Maßnahmen wirken". Greifen die Kontaktbeschränkungen nicht so wie erhofft, könnte man nach Drostens Ansicht Beschränkungen in Betracht ziehen, bei denen nur bereits geboosterte Menschen Zugang haben – was er als "1G" bezeichnete. Zweifach Geimpfte seien zwar auch bei Omikron vor schweren Verläufen geschützt, "aber praktisch nicht gegen eine Infektion", sagte der Virologe. Auch die Virus-Weitergabe im Fall einer Ansteckung sei kaum reduziert. "Wer aber kürzlich geboostert ist, trägt wahrscheinlich weniger zur Weiterverbreitung bei und ist merklich gegen die Erkrankung geschützt. Bei Delta mögen 2G und 3G reichen, aber jetzt schreibt Omikron die Regeln."

Nach dem bisher bekannten Stand glaube er, dass die geltenden und nun noch nachgezogenen Kontaktmaßnahmen hierzulande den Zuwachs der Fallzahlen etwas langsamer ausfallen ließen als in anderen Ländern. "In Großbritannien und Südafrika sind die Zahlen auch deswegen so in die Höhe geschossen, weil keine Kontrollmaßnahmen mehr da waren." Etwa das Maskentragen scheine "besonders wirksam" zu sein. "Daher und weil die Leute auch im Privaten vorsichtig sind, sind wir in Deutschland schon besser aufgestellt."

Christian Drosten um Corona-Lage in China besorgt

Derzeit bereitet China Drosten die größte Sorge: "Natürlich kommt Omikron auch dorthin. Und der Impfstoff, der dort verwendet wurde, hat eine schlechte Wirksamkeit gegen diese Variante. Das ist eine echte Gefahr, auch für die Weltwirtschaft", sagte der Leiter der Virologie der Berliner Charité.

Es sei noch unsicher, ob Omikron per se weniger schwer krank macht. "Neueste Studien aus Südafrika, England und Schottland stimmen darin überein, dass die Abschwächung des krank machenden Effekts zwar zu großen Teilen, aber eben nicht ausschließlich durch die zunehmende Immunität der Bevölkerung bedingt ist", sagte Drosten der Zeitung.

Quellen: "sueddeutsche.de", DPA.

tkr

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