WHO-Bericht Fettleibigkeit hat in Europa "epidemische Ausmaße" erreicht

Mann steht auf der Waage und ist übergewichtig
Fast 60 Prozent der Erwachsenen in Europa sind zu dick.
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Die Menschen in Europa sind zu dick. Fast 60 Prozent der Erwachsenen sind von Übergewicht betroffen. In Deutschland haben deutlich mehr Männer als Frauen zu viel auf den Rippen.

Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Europa ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO zu dick. Fast 60 Prozent der Erwachsenen in der europäischen WHO-Region lebten demnach mit Übergewicht oder Fettleibigkeit. Der Anteil bei den Männern sei höher (63 Prozent) als bei den Frauen (54 Prozent), teilte die WHO Europa in ihrem am Dienstag vorgestellten Europäischen Fettleibigkeitsbericht 2022 mit.

Deutschland lag bei den Erwachsenen leicht unter dem Durchschnitt der Region. Dafür klafften die Unterschiede zwischen deutschen Frauen und Männern deutlicher auseinander als anderswo: Der Wert der Frauen lag unter 50, der der Männer bei 65 Prozent. Die aktuellsten europäischen Vergleichswerte dazu stammen nach WHO-Angaben aus dem Jahr 2016. Für die WHO Europa gelten Menschen ab einem Body Mass Index (BMI) von 25 als übergewichtig, ab 30 sprechen die Experten von Fettleibigkeit. Der BMI wird aus Körpergröße und -gewicht berechnet.

Eins von drei Schulkindern übergewichtig

Die Raten von Übergewicht und Fettleibigkeit hätten in der gesamten WHO-Region Europa "epidemische Ausmaße" erreicht, heißt es im Bericht. Keines der 53 Länder dieser Region sei derzeit auf dem Weg, das Ziel, den Anstieg bei der Fettleibigkeit bis 2025 zu stoppen, zu erreichen. Die Verbreitung unter Erwachsenen sei nur auf den amerikanischen Kontinenten noch höher. Die WHO zählt neben der EU unter anderem auch die Türkei, Russland, die Ukraine und weitere östlich gelegene Staaten zu ihrer europäischen Region.

Bei den Kindern unter fünf Jahren sind es fast acht Prozent, die übergewichtig oder fettleibig sind. Im Schulalter ist eins von drei Kindern in Europa übergewichtig oder fettleibig. Für Kinder hat man das Übergewicht nicht nur anhand des BMI bestimmt, sondern auch Gewichtsreferenzkurven für das jeweilige Alter genutzt.

Übergewichtige und Fettleibige sind nach WHO-Angaben in der Pandemie überproportional häufig von den Folgen von Covid-19 betroffen gewesen. Die Betroffenen hätten ein höheres Risiko für Krankenhauseinlieferungen und Todesfälle gezeigt. Und nicht nur das: Vorläufige Daten deuten demnach darauf hin, dass die Fettleibigkeit unter Kindern und Jugendlichen aufgrund der Corona-Pandemie steigt. Das liegt unter anderem an einem veränderten Lebensmittelkonsum und mangelnder körperlicher Aktivität in Lockdown-Zeiten.

Fettleibigkeit könnte künftig Hauptrisikofaktor für Krebs sein

Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) zählten generell zu den Hauptursachen für Behinderungen und Todesfälle in der WHO-Region Europa, hieß es in dem Bericht. In einigen Ländern könnte Fettleibigkeit in den kommenden Jahrzehnten gar das Rauchen als Hauptrisikofaktor für Krebs ablösen. "In Europa ist Fettleibigkeit schätzungsweise für mindestens 200.000 neue Krebsfälle pro Jahr direkt verantwortlich", heißt es im Bericht. Adipositas gilt als Ursache für mindestens 13 verschiedene Krebsarten. Die Verbindung zwischen Fettleibigkeit und Krebs sei noch nicht komplett geklärt. Wahrscheinlich ist, dass hormonelle Dysregulationen und chronische Entzündungen im Körper eine Rolle spielen.

Fettleibigkeit könne verschiedene gesundheitliche Folgen mit sich bringen, darunter neben dem Krebs unter anderem auch chronische Atemwegserkrankungen wie Asthma, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber- und Nierenbeschwerden, aber auch mentale Probleme und Rückenschmerzen.

Adipositas ist nicht nur ein Risiko für die Gesundheit, sondern selbst ein Krankheitsbild. Die WHO hebt hervor, dass Adipositas eine komplexe Krankheit ist, die viel mehr sei als die bloße Kombination aus ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel. Außerdem kritisiert die Organisation, dass die Vermarktung ungesunder Lebensmittel Kinder gezielt anlocke und sich auf die Ernährung von Kindern negativ auswirken könne.

rha mit dpa

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