In bestimmten Kreisen wird gern behauptet, konservative Rollenverteilungen trügen am ehesten zum Familienheil bei. Sprich: Der Vater geht arbeiten, die Mutter kümmert sich um Haushalt und Kinder - und alle so: yeah!
Paare mit klassischen Rollen sind am unzufriedensten
Dem ist aber ganz und gar nicht so, wie der Soziologe Daniel L. Carlson von der Georgia State University in einer Analyse zeigt. Carlson und sein Team werteten die Daten von 487 Paaren aus, die sie aus einer Studie über Ehe und Beziehungen von heterosexuellen Paaren aus dem Jahr 2006 entnommen hatten.
Das Resultat: Kümmert sich die Frau mehrheitlich um den Nachwuchs (zu mindestens 60 Prozent), ist die Zufriedenheit über die Partnerschaft am geringsten. Und zwar empfand das sowohl die Frau als auch der Mann so. Diese Paare hatten zudem seltener und weniger erfüllenden Sex. Zum Vergleich standen zwei weitere Gruppen:
- Paare, bei denen der Mann überwiegend die Kinderbetreuung übernimmt (zu mindestens 60 Prozent)
- Paare, die sich die Kinderbetreuung teilten (jeder Partner übernahm etwa 40 bis 60 Prozent)
Die untersuchten Paare verfügten jedes über ein mittleres Einkommen und die Frauen waren alle unter 45 Jahre alt. Die Beziehungsqualität machten Carlson und seine Kollegen anhand von Parametern wie der Beziehungszufriedenheit und Beziehungskonflikten fest, sowie an der Häufigkeit und der Qualität des Sex.
Moderne Familien sind zufriedener
Interessant sei, so Carlsen, dass die erste Paar-Konstellation - die Frau kümmert sich überwiegend um die Kinder - die einzige zu sein scheine, bei der beide Partner die Beziehung und das Sexleben als problematisch empfänden. Ganz anders sieht es nämlich bei den beiden anderen Gruppen aus: Auf diese Beziehungen färbte die Rollenverteilungen nicht negativ ab. Die gleichberechtigten Paare verzeichneten die größte Beziehungszufriedenheit und ein reges, erfülltes Sexleben.
Bei den Beziehungen, in denen sich der Mann überwiegend den Kindern widmete, war es ähnlich: Sie waren genau so zufrieden und hatten fast genau so viel Sex. Allerdings gab es einen interessanten Widerspruch in Sachen Sex-Qualität: Die Männer wiesen, verglichen mit den anderen Gruppen, die geringste Zufriedenheit mit ihrem Sexleben auf. Ihre Frauen dagegen waren die sexuell Erfülltesten.
Warum ist der "moderne Mann" der bessere Partner?
Die Studie, die Ende August beim jährlichen Treffen der American Sociological Association (ASA) präsentiert wird, ist jedoch nicht ohne Mängel. So wurden zum Beispiel keine homosexuellen Elternpaare untersucht. Außerdem war die Datenlage zur Beurteilung, wer die Kinderbetreuung übernimmt, eher spärlich. So ist etwa die körperliche Kinderpflege wie füttern, wickeln, baden gar nicht berücksichtigt worden. Ihre Schlussfolgerungen trafen die Forscher lediglich auf Grundlage folgender Fragen:
- Wer stellt die Regeln für die Kinder auf?
- Wer achtet auf deren Einhaltung, bzw. bestraft die Kinder bei Zuwiderhandlung?
- Wer lobt die Leistung der Kinder?
- Wer spielt mit den Kindern?
In weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler nun den genauen Grund herausfinden, warum die gleichberechtigten oder modernen Paare so viel zufriedener sind. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass Männer, die sich gerne um ihre Kinder kümmern und dies wider reaktionärer Gesellschaftsnormen auch tun, tendenziell eher dazu bereit sind, in die Beziehung zu investieren, als jene, die die klassische Rollenverteilung noch immer für das Nonplusultra halten.