"Seit meiner Kindheit habe ich mit pflegebedürftigen Menschen zu tun. Damals lebte ich in einem Dorf in Usbekistan. Meine Mutter arbeitete als Krankenpflegerin. Jeden Tag kamen kranke Menschen zu uns nach Hause und suchten Hilfe bei meiner Mutter. Als Kind schaute ich ihr oft dabei zu, wie sie die Menschen pflegte. Ich war fasziniert von ihrer Arbeit. Trotzdem habe ich mich zunächst für einen anderen Job entschieden und Informatik studiert. Das bringt mehr Geld, dachte ich damals. Aber ich merkte schnell, dass der Job nicht zu mir passte. Mir fehlte der Kontakt zu anderen Menschen. Also überlegte ich, was ich stattdessen tun könnte. Mein erster Gedanke: Pfleger.
Im Jahr 2019 bewarb ich mich für den Bundesfreiwilligendienst. Ich wollte mir ansehen, wie die Arbeit eines Pflegers läuft, was mich erwarten würde, welche Schwierigkeiten der Beruf mit sich bringt. Denn leider hat die Öffentlichkeit ein falsches Verständnis von dem Beruf eines Pflegers. Oder wie wir heute in der Pflegeschule sagen: "Die Menschen denken, Pflege ist nur Waschiwaschi." Aber ich wollte es genauer wissen. Also habe ich mir angeguckt, was eine Pflegekraft eigentlich macht. Schon nach kurzer Zeit war mir klar: Das ist der Beruf, den ich machen will.
Seit August 2020 mache ich jetzt eine Ausbildung zur Pflegefachkraft im Johanniter-Stift Münster. Mir gefällt die Arbeit mit älteren Menschen sehr. Für mich gibt es keinen Job, der besser zu mir passt! Ich erlebe so viele schöne Momente, die mich berühren. Zum Beispiel wenn die Bewohner mich anlächeln, weil ich für sie da bin. Es sind diese kleinen Gesten, die mich sehr glücklich machen. Sie zeigen mir, wie wichtig ich für die Menschen bin. Wie dankbar sie sind. Das ist ein schönes Gefühl.
stern-Aktion – für eine Pflege in Würde!
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Die Kollegen im Johanniter-Stift haben mich gut aufgenommen. Alle sind sehr nett und helfen mir. Denn manche Bewohner können schwierig sein im Umgang. Manche sind ungeduldig, andere krank und haben Schmerzen. Als Pfleger trage ich eine große Verantwortung. Denn ich muss diese Dinge erkennen und richtig auf die Menschen eingehen. Ich muss die Bedürfnisse und Eigenarten der Bewohner kennen. Ich muss wissen, was ihnen wichtig ist, und wie ich mit ihnen sprechen kann. Belastbarkeit, Toleranz und emotionale Stabilität spielen für mich als Pfleger eine große Rolle.

Doch der Umgang mit all diesen Menschen, mit ihren unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Eigenarten macht mir großen Spaß. Ich interessiere mich sehr für Psychologie, ich lese viele Bücher zu diesem Thema. Nach der Ausbildung möchte ich Gesundheitspsychologie studieren. Für mich ist der Beruf des Pflegers ein Arbeitsgebiet mit Zukunft. Er bietet viele Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Ich finde es schade, dass viele Menschen so ein falsches Bild vom Pflegeberuf haben. Pflege ist so viel mehr, als nur einen Menschen zu waschen. Ich würde mir wünschen, dass der Beruf in der Gesellschaft besser angesehen wird."
Über die Aktion:
Es geht um Ihre Kinder, Eltern und Großeltern, um unser aller Zukunft. Wir brauchen gute Pflege. Früher oder später. Deutschland altert schnell, und immer mehr Menschen sind im Alltag auf professionelle Pflege angewiesen. Doch in den Krankenhäusern, Heimen und bei den ambulanten Diensten herrscht ein enormer Pflegenotstand. Überall fehlen Pflegekräfte, weil die Arbeitsbedingungen schwer zumutbar sind und das Gehalt zu niedrig. Wir alle sind davon akut bedroht: Pflegekräftemangel führt zu schwereren Krankheitsverläufen, mehr Komplikationen und Todesfällen. Unsere Politiker:innen finden seit zwei Jahrzehnten keine wirksame Gegenmaßnahme. Es braucht einen ganz großen Wurf, um den Pflegekollaps noch aufzuhalten. Unser Umgang mit dem Thema Pflege entscheidet darüber, wie menschlich unsere Gesellschaft im 21. Jahrhundert bleibt.