Bei fast 40 Grad Celsius auf dem Thermometer ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn da nicht die Wut im Bauch wäre, weil die Klimaanlage im Bus ausgefallen ist. Naja, immerhin teilen die anderen Fahrgäste das schwitzige Schicksal, denn wie sagt man so schön: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Aber ist das eigentlich wirklich so?
Psychologische Redewendungen begleiten uns in vielen Lebenslagen. Sie können Trost spenden, uns Worte für Gefühle geben, die wir sonst nicht benennen könnten und veranschaulichen, was in uns vorgeht. Manchmal sagen wir Sprichwörter aber auch einfach so vor uns her, ohne über die eigentliche Bedeutung nachzudenken. Vor allem im psychologischen Kontext kann das schnell zu Missverständnissen führen. Deshalb haben wir uns sechs Redewendungen rund um die menschliche Psyche einmal genauer angesehen.
Psychologische Redewendungen: "Einen kühlen Kopf bewahren"
Ein Termin folgt auf den anderen, die Aufgaben im Haushalt stapeln sich und Freizeit wird nicht selten zur Mangelware. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Mit steigendem Zeitdruck wird auch der Stress immer größer – und der kann die Sinne schonmal vernebeln. Umso wichtiger ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Oder, anders ausgedrückt: Gelassen und pragmatisch an Aufgaben und Entscheidungen heranzugehen. Dafür muss der Kopf allerdings nicht kühl im eigentlichen Wortsinn sein. Menschen, die es nicht schaffen, Stress zu regulieren, laufen aber tatsächlich Gefahr, dass ihr Gehirn überfordert ist. Die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol versetzt unseren Körper in Alarmbereitschaft, was wiederum dazu führt, dass der Blutdruck steigt und die Atmung schneller wird. Nach einer Stresssituation brauchen wir deshalb die Möglichkeit zur Regeneration. Ansonsten könnte unser Stresssystem irgendwann überhitzen – was im schlimmsten Fall zu Veränderungen im Gehirn führt.
Übrigens: Auch Hitze hindert uns gerne mal daran, einen kühlen Kopf zu bewahren. Bei Temperaturen über 25 Grad steigt sogar das Risiko, einen depressiven Schub zu erleiden, wie Trevor Harley, Psychologe an der schottischen Uni Dundee im Gespräch mit der britischen Daily Mail berichtet. "Wenn die Außentemperaturen steigen, bekommt das Hirn Probleme mit komplexen Aufgaben. Mehr Sorge macht aber das erhöhte Risiko für Suizide oder Selbstverletzungen." Bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius kann unser Gehirn anschwillen, was zu typischen Hitze-Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit führt.
"Wut im Bauch haben"
Der nervige Nachbar, der zum zwanzigsten Mal bohrt, wenn man eigentlich in Ruhe fernsehen möchte, die Freundin, die sich konsequent uneinsichtig verhält oder auch nur der Faden, der einfach nichts ins Nadelöhr will: Wenn wir uns nur lange genug über Dinge ärgern, dann kommt irgendwann die Wut.
Körperlich macht sich das ungeliebte Gefühl dann tatsächlich ganz gerne in der Magengegend bemerkbar, in Form von einem Druckgefühl. Das passiert vor allem dann, wenn wir die Wut herunterschlucken, statt sie auszuleben. Natürlich sollten wir im Büro nicht alles kurz und klein schlagen, wenn uns etwas nicht gefällt. Manchmal ist es also nicht angebracht, unserer Wut freien Lauf zu lassen – aber irgendwann muss die Wut auch wieder raus aus dem Bauch. Denn: Unterdrückte Gefühle lösen sich nicht in Luft aus, sondern melden sich garantiert wieder zu Wort. Und dann kommen sie oft in doppelter Wucht zurück; oder sogar in Form von psychosomatischen Beschwerden oder einer Depression. Übrigens: Wut gehört neben Trauer, Angst du Stress zu den häufigsten Ursachen für psychosomatische Krankheiten.
"Geteiltes Leid ist halbes Leid"
Wer Probleme hat, sollte darüber sprechen. Das ist ein Ratschlag, den sicher fast jeder schon einmal bekommen hat. Aber kann sich Leid wirklich halbieren, wenn wir uns einer anderen Person mitteilen? Diese Frage hat sich auch Psychologie-Professor Tom Brinthaupt von der Middle Tennessee State University gestellt. In mehreren Studien konnte er belegen, dass es uns tatsächlich besser geht, wenn wir über Sorgen und Ängste sprechen.
Laut einer Studie der beiden Sozialpsychologen Rajagopal Raghunathan und Kim Corfmann kommt es dabei aber auch auf die Art und Weise des Austauschs an. Demnach hilft es uns am meisten, wenn wir unser Leid mit Menschen teilen, die uns am Herzen liegen und im besten Fall ähnliche Ansichten teilen.
"Die Chemie stimmt"
Es gibt Menschen, mit denen verstehen wir uns blind, teilen gemeinsame Erinnerungen, Werte und Interessen und spüren große Sympathie. Es passt einfach alles. Manche würden sagen: Die Chemie stimmt. Und das tut sie wirklich. Denn – so enttäuschend das für den ein oder anderen Romantiker jetzt auch sein mag – im Grunde entscheiden chemische Prozesse in unserem Körper, wen wir mögen oder in wen wir uns verlieben.
Bei der Partnerwahl entscheidet im ersten Moment oft die Nase, wer uns gefällt. Unterbewusst nehmen wir durch unseren Geruchssinn den Genpool unseres Gegenübers wahr und suchen dadurch unbemerkt die Partner aus, bei denen wortwörtlich die Chemie stimmt, um gesunden Nachwuchs zu bekommen.

"Ein gebrochenes Herz haben"
Der Verlust einer geliebten Person zählt zu den größten Krisen des Lebens. Wer unter Liebeskummer leidet, spricht oft von einem gebrochenen Herzen. Wortwörtlich brechen kann das Organ nicht, aber das "Broken-Heart-Syndrom" ist in der Medizin schon länger bekannt. Das Phänomen wird durch starken emotionalen Stress ausgelöst und verursacht ähnliche Symptome wie bei einem Herzinfarkt, zum Beispiel Atemnot und Herzschmerzen. Die Funktionsstörung des Herzens tritt vor allem bei Frauen nach der Menopause auf – wie genau es dazu kommt, ist bis heute nicht eindeutig erforscht. Fakt ist aber, richtig gebrochen ist das Herz nicht.
"Lachen steckt an"
Wer kennt es nicht: Einer im Raum fängt an zu lachen und wenig später lachen alle Anwesenden mit. Lachen ist ein wunderbares Element menschlicher Kommunikation. Es entspannt uns, wir sind währenddessen im Hier und Jetzt und es macht glücklich. Und Lachen steckt an, nachweislich. Psychologin Ilona Papousek von der Universität Graz erklärt das Phänomen so: "Beobachten wir Mitmenschen beim Lachen, aktivieren sich im Gehirn die Regionen, die aktiv sind, wenn wir selbst lachen. Das bereitet uns darauf vor mitzulachen."
Übrigens kann man sich sogar selbst mit seinem Lachen anstecken: Indem man sich einfach eine Weile selbst im Spiegel angrinst. Das muss nicht einmal ein echtes Lachen sein, denn irgendwann schlägt das ganze eh in echtes Lachen um. Entweder, weil man sich gerade selbst ziemlich komisch findet, oder weil der Körper dem Gehirn signalisiert "Hey, jetzt wird gelacht!"
Quelle: Universität Mannheim, Studie / Monaco University, Australien, Studie / Daily Mail, Großbritannien, Bericht
Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.
Für Kinder und Jugendliche steht auch die Nummer gegen Kummer von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr zur Verfügung - die Nummer lautet 116 111.