Der Mann am Nebentisch, etwa Mitte 40, roter Kopf und beachtliche Leibesfülle, schäumte vor Wut. "Ja, Herrgott noch mal, das ist ja die reine Hexenjagd", schimpfte er und versenkte seine Selbstgedrehte im Aschenbecher. Ich saß mit einer Freundin neben ihm in einem kleinen Café und hatte ihn nur gebeten, den Qualm vielleicht auch mal in eine andere Richtung zu blasen. Er rauchte ein fürchterliches Kraut. Keine Ahnung, ob es legal war, jedenfalls stank es schrecklich.
Normalerweise habe ich mit Rauchern in meiner näheren Umgebung keine großen Probleme. Ich gestehe sogar: Auch nach mehr als drei Monaten ohne Zigarette erschnüffele ich gelegentlich ganz gern mal eine Prise blauen Dunstes - ohne dabei noch großartig in Versuchung zu geraten. Aber in einem engen, komplett eingeräucherten Raum zu sitzen nervt schon gewaltig. Das kann eigentlich auch keinem Raucher gefallen!
Rauchfreie Zone
Björn Erichsen, Jahrgang 74, lebt und arbeitet als Journalist in Hamburg. Schwerpunkte sind Politik, Kultur, Medien und Sport. Seit Mai treibt ihn die Frage um, ob man sich nach 120.000 Zigaretten noch einmal Nichtraucher nennen darf.
Raucher stehen im Abseits
Die Debatte um das Rauchen in der Öffentlichkeit hat beachtlich an Schärfe gewonnen. Die Nerven der Raucher in meinem Freundeskreis liegen jedenfalls blank: Der Glimmstengel steht häufiger mal zur Diskussion, viele reagieren gereizt bei diesem Thema. Vor kurzem ist ein lieber Freund sogar richtig laut geworden. Er habe keine Lust mehr als Raucher nun immer der Buhmann zu sein, er fühle sich geradezu kriminalisiert. Seine Stimme schwankte zwischen Ärger und Verzweifelung.
Ein wenig Verständnis kann ich für seine geschundene Psyche schon aufbringen. Der soziale Druck ist innerhalb kürzester Zeit massiv gewachsen, von der "Coolness" vergangener Jahre ist nur wenig geblieben. Dummerweise lassen sich die Rauchgewohnheiten nicht mal einfach so der öffentlichen Meinung anpassen. Dafür sorgen die Sucht und eine riesige Angst vor einem Leben ohne Zigaretten. Das habe ich in den Wochen vor meinem Rauchstopp intensiv erleben dürfen.
Rauchfleisch in Kneipen
Die Vertreibung aus den öffentlichen Raucherparadiesen steht aber bevor und ist beileibe keine "Hexenjagd". Warum eine qualmverhangene Kneipe den gastronomischen Naturzustand darstellen soll, konnte mir noch kein Raucher schlüssig erklären. Mit individueller Freiheit hat das nichts zu tun, solange dadurch Lebensqualität und Lebenserwartung anderer derart eingeschränkt werden. Je schneller auch ein verängstiges Raucherhirn erkennt, dass der Nichtraucherschutz an erster Stelle stehen muss, desto schneller vergeht auch der selbst verschuldete Verfolgungswahn.
Ich persönlich genieße die Freiheit, nicht mehr rauchen zu müssen. Vor allem bin ich froh, den Absprung bis hierhin ohne großen Zwang geschafft zu haben. Das gibt Kraft für schwache Momente, die es auch heute noch immer mal wieder gibt. Nach dem Tag am Café kann ich jedenfalls den vielen guten Gründen für meinen Rauchstopp einen weiteren hinzufügen: Ich bin mit Sicherheit deutlich besser gelaunt nach Hause gegangen als der dicke Mann am Nebentisch.