An diesem Dienstag ist der "Internationale Tag der Pflege" – ein Tag, an dem Verbände und Parteien an die Menschen erinnern, die dafür sorgen, dass unsere Gesundheitssysteme stabil arbeiten. Gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie werden sie als "Helden des Alltags gefeiert. Sie gelten aber auch als überarbeitet und unterbezahlt. Und ihre Jobs bergen nicht selten gesundheitliche Risiken.
Eine von ihnen ist die 27 Jahre alte Sarah Hupperich aus Köln. Sie arbeitet als Intensiv-Krankenschwester auf der Lungenintensivstation des Krankenhauses Köln-Merheim, wo aktuell insbesondere Corona-Patienten behandelt werden – und sie wurde nun zu Deutschlands "Pflegerin des Jahres" gekürt.
Hupperich sei von einer Fachjury unter mehr als 3000 Pflegekräften für die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung ausgewählt worden, teilte die Kampagne "Herz und Mut" mit. Ins Leben gerufen wurde die Kampagne vom Baden-Badener Unternehmen Jobtour Medical, einem Personaldienstleister. Die 27-Jährige sei einer derjenigen Menschen, die Tag für Tag in der Coronakrise Menschen helfen – und dabei auch ihre eigene Gesundheit riskieren, heißt es in der Ehrung.
Sarah Hupperich hat auch schon in Westafrika gearbeitet
Dabei hat die Kölnerin auch schon erfahren, wie schwierig die Lage im Ausland sein kann. In Troisdorf bei Bonn geboren, war Hupperich im vergangenen Jahr mit der Hilfsorganisation Cap Anamur in Sierra Leone. Sie arbeitete dort in der Hauptstadt Freetown im zentralen Kinderkrankenhaus und betreute dort unter anderem Malaria- und Tuberkulose-Patienten.
"Die Ressourcen für die Beatmung der Kinder sind äußerst begrenzt. Täglich standen wir vor der schweren Entscheidung, welches Kind die größten Überlebenschancen hat und eines der fünf Atemhilfen bekommen soll", berichtete sie.
Anfang dieses Jahres kam Hupperich wieder nach Deutschland und begann ihre neue Stelle in Köln-Merheim. "Mit der Erfahrung in Sierra Leone im Hinterkopf weiß man, dass wir hier in Deutschland in einer sehr privilegierten Situation leben", sagte sie der Nachrichtenagentur DPA.
Nominiert wurde Hupperich von der ebenfalls in Sierra Leone tätigen Krankenschwester Maren Jesske. Trotz immenser Belastung sei Sarah stets ruhig, professionell und gegenüber den Kindern und Angehörigen ungemein liebevoll gewesen, schrieb Jesske den Angaben zufolge. "Die größte Belastung ist, das Leid der Eltern mit anzusehen, wenn sie ihr Kind verlieren. Da die Eltern bei längeren Krankenhaus-Aufenthalten oftmals nicht in der Lage sind, für Essen und Windeln aufzukommen, hat Sarah häufig die Eltern unterstützt."
Tag geht auf Florence Nightingale zurück
Den zweiten Platz belegt der in Baden-Württemberg arbeitende Imad Deaibis aus Straßburg, und der dritte Platz geht an Miroslaw Brada aus Berlin. Insgesamt ist der Preis mit 11.500 Euro dotiert.
Der "Internationale Tag der Pflege wird jedes Jahr am 12. Mai begangen. Dieser Tag im Jahr 1820 war der Geburtstag von Florence Nightingale, die als Pionierin der Krankenpflege gilt. Noch zu Lebzeiten wurde sie wie eine Heilige verehrt.
Verbände, Gewerkschaften und Parteien nutzen dieses Datum auch, um eine bessere Bezahlung von Pflegekräften zu fordern. Mit Aktionen machten Pflegerinnen und Pfleger an diesem Dienstag zum Beispiel unter dem Motto "Klatschen alleine reicht uns nicht" auf ihre Situation aufmerksam. In Alten- und Pflegeheimen müssen einfache Fachkräfte laut Statistischem Bundesamt mit durchschnittlich 3116 Euro Brutto-Monatslohn zurechtkommen. Viele sind auch als Pflegehelfer beschäftigt und kommen nicht auf diese Werte.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte eine flächendeckende tarifliche Entlohnung für Pflegekräfte. Während der Corona-Epidemie zeige sich wie unter einem Brennglas, wie wichtig jede und jeder einzelne Beschäftigte in der Pflege sei, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. "Anerkennung ist wichtig, bleibt aber ohne Wert, wenn sie nicht in konkrete Verbesserungen mündet." Die Linke forderte bei einer Demonstration vor dem Kanzleramt in Berlin 500 Euro pro Monat mehr Grundgehalt in der Branche.
1,6 Millionen Beschäftigte in der Branche
Im Bereich Alten- und Krankenpflege arbeiten rund 1,6 Millionen Menschen. Die Mindestlohnregelungen für die Branche wurden zuletzt ausgeweitet. So soll der Mindestlohn für Hilfskräfte bis April 2022 von jetzt 11,35 im Westen und 10,85 im Osten schrittweise auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben werden. Ab Juli 2021 soll es außerdem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro die Stunde geben, der zum April 2022 auf 15,40 Euro steigen soll.
Gewerkschaften und Arbeitgeber verhandeln aber weiterhin auch über einen Tarifvertrag mit besserer Bezahlung, der dann vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden könnte. Außerdem ist geplant, dass Pflegekräfte einen einmaligen Corona-Bonus von bis zu 1500 Euro bekommen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: "Für jeden von uns ist wichtig, dass es viele Leute gibt, die gerne in der Pflege arbeiten und dafür gut bezahlt werden. Weil wir ältere Angehörige haben, weil wir selbst einmal Pflege brauchen werden. Kämpfen wir für die Anliegen der Pflege, nicht nur heute am Tag der Pflegenden!"
Papst Franziskus verschickte eine Botschaft aus Rom und twitterte an die Pflegekräfte: "Ihre Arbeit ist kein Job, vielmehr Berufung und Hingabe. Dafür geben sie in dieser Zeit ein heldenhaftes Beispiel".
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier telefonierte für seine am Dienstag veröffentlichte neue Videobotschaft mit einer Bewohnerin und einer Pflegerin in einer Bremer Pflegeeinrichtung. Einen für März geplanten Besuch in dem Heim hatte er wegen der Pandemie absagen müssen. In seiner Botschaft sagte der Bundespräsident, diejenigen, die in Heimen und zuhause alte Menschen pflegen, leisteten "Enormes für unser Land". "Sie leben vor, was Solidarität heißt. Dafür danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen! Und ich würde mir wünschen, dass wir alle uns auch nach der Krise daran erinnern, was Sie für diese Gesellschaft tun."
Viel Aufmerksamkeit also für Sarah Hupperich und ihre Kollegen in deutschen Pflegeeinrichtungen. Sie selbst haben vermutlich wenig Zeit, sich darüber ausgiebig zu freuen. Die nächsten Schichten stehen an, und die Coronakrise ist noch längst nicht beendet.