Manchmal reicht schon ein kleines Fettnäpfchen aus, um sie hervorzurufen; oft entstehen sie aber, wenn wir das Gefühl haben, uns falsch verhalten zu haben: Schuldgefühle. Wie vielfältig die Ursachen für das beklemmende Gefühl in der Magengegend sein können, das haben Forschende der Fachhochschule Erfurt und der SRH Hochschule für Gesundheit nun in einer Studie herausgefunden.
Das Team aus Forscher:innen unter der Leitung von Sozialwissenschaftler Prof. Tobias Luck hat in einer Online-Befragung rund 600 Erwachsene gefragt, für was sie sich schuldig fühlen. Das Ergebnis an Gründen ist so umfangreich, dass es kaum zusammenzufassen ist: Insgesamt wurden 1515 unterschiedliche Gründe für Schuldgefühle genannt.
Die zehn häufigsten Gründe für Schuldgefühle
Viele Gründe für Schuldgefühle wurden allerdings mehrfach genannt. Die meisten Übereinstimmungen gab es bei den ersten zehn Gründen, die wie folgt aussehen:
- Lügen erzählen
- Nicht genug Zeit mit der Familie verbringen
- Schlecht über andere denken
- Das subjektive Gefühl, anderen nicht helfen zu können
- Nicht für andere Menschen dazu zu sein
- Ein Ziel nicht erreichen, scheitern
- Das Gefühl, nicht gut genug zu sein
- Scheidung, Trennung
- Affären
- Probleme in der Beziehung
Schuldgefühle: Studie zeigt Unterschiede zwischen jung und alt
Die Ursachen für Schuldgefühle unterscheiden sich vor allem je nach Geschlecht und Alter. So gaben Männer eher an, sich für Probleme an der Arbeit oder ein allgemeines Fehlverhalten schuldig zu fühlen, während Frauen ein schlechtes Gewissen in Bezug auf die Beziehung zu anderen Menschen hatten. Tendenziell fühlen sich der Studie zufolge jüngere Menschen für mehr Dinge schuldig, als ältere Proband:innen.
Damit zeigt die Studie, dass Schuldgefühle vor allem für jüngere Erwachsene ein großes Thema sind. Ein Thema, das viel Kraft und Energie kostet, und – wenn es ausartet – auch Krankheitswert bekommen kann. Denn wie sich Schuldgefühle äußern, das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Zehn Tipps für ein bewusstes Leben, die jeder sofort umsetzen kann

Lachen ist gesund – das ist nicht nur eine bekannte Weisheit, sondern auch wissenschaftlich belegt. Sobald wir lachen, bewegen sich allein im Gesicht 17 Muskeln. Je nach Intensität können wir beim Lachen bis zu 300 Muskeln anspannen. Außerdem schütten wir Glückshormone aus und stärken unser Immunsystem. Und: Wer wirklich aus ganzem Herzen lacht, der ist in diesem Moment mit seinen Gedanken nirgendwo anders.
Oft entsteht ein Kloß im Hals, ein Engegefühl in der Brust und eine Anspannung der Muskeln. Auch negative Gedanken treten häufig im Zusammenhang mit Schuldgefühlen auf. Nicht selten quälen sich Betroffene so lange mit ihren Schuldgefühlen, bis sie ihren subjektiv empfundenen Fehltritt wieder gut gemacht zu haben. Nur ist das nicht immer so einfach möglich.
Bei Schuldgefühlen geht es nicht um objektive Schuld, sondern um den Verstoß gegen eine Regel, die wir für uns selbst verinnerlicht haben. Das heißt, es ist möglich, dass wir wegen etwas Schuldgefühle haben, das andere Menschen als nicht verwerflich empfinden. Ein schlechtes Gewissen entsteht also dann, wenn wir mit einer Handlung gegen unsere eigenen Werte verstoßen oder unsere moralischen Ansprüche nicht eingehalten haben.
Schuldgefühle als Hinweisschilder
Schuld ist also etwas höchst Individuelles. Und auch, wenn es sich nicht so anfühlt – Schuldgefühle haben durchaus auch eine positive Seite. Sie dienen uns als Art Korrekturhilfe und Werteorientierung. Schuldgefühle lassen uns unser Handeln kritisch überdenken und führen so dazu, dass wir uns anderen Gegenüber besser verhalten. Und durch Schuld können wir, vor allem in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen, aus unseren Fehlern lernen.
Unangenehm sind Schuldgefühle trotzdem, vor allem, weil sie uns oft objektiv betrachtet grundlos plagen. Umso wichtiger, dass wir einen gesunden Umgang mit den unliebsamen Emotionen pflegen. Helga Kernstock-Redl ist Psychotherapeutin und Autorin des Buches “Schuldgefühle“. Sie weiß also, worauf es im Umgang mit Schuldgefühlen ankommt.
Im Gespräch mit “Psychologie Heute“ sagt sie: “Sobald Sie ein solches Gefühl in sich spüren, empfehle ich, bewusst zu überlegen: Habe ich ein verinnerlichtes Gesetz gebrochen?“ Die meisten Schuldgefühle seien wie Hinweisschilder, die wir erst sehen, wenn wir uns schmerzhaft daran stoßen. Erst dadurch würden tiefverwurzelte Gesetze bewusst.
Drei Schritte helfen beim Umgang mit Schuldgefühlen
Also: Schuldgefühle sind nicht immer objektiv und weisen uns oft auf unbewusste Überzeugungen hin. Aber natürlich gibt es auch berechtigte Schuldgefühle und solche, die wir einordnen müssen, um mit ihnen umgehen zu können. Und das ist gar nicht so schwer, wenn man folgende drei Schritte berücksichtigt:
- Machen Sie eine Realitätsprüfung.
Um rationale von irrationalen Schuldgefühlen zu unterscheiden, eignet sich eine möglichst objektive Realitätsprüfung. Was genau haben Sie persönlich zu der Situation beigetragen, wegen der Sie Schuldgefühle haben? Gab es Alternativen? Warum haben Sie gehandelt, wie Sie gehandelt haben – und was hätten Sie gerne anders gemacht? Oft merken wir bei diesen Fragen, dass wir unser Bestmögliches gegeben haben. Und dafür muss man sich nicht schuldig fühlen. - Wechseln Sie die Perspektive.
Manchmal fällt die Realitätsprüfung allerdings auch schwierig, vor allem bei starken Schuldgefühlen. In diesem Fall kann es helfen, die Perspektive zu wechseln. Stellen Sie sich vor, das, was bei Ihnen Schuldgefühle auslöst, würde einem guten Freund passieren. Wären Sie sauer – oder wäre es dann vielleicht gar nicht so schlimm? Oft sind wir mit uns selbst sehr viel strenger als mit Menschen, die uns am Herzen liegen. Damit haben auch wir unser eigenes Verständnis verdient, wenn uns Fehler passieren. - Etablieren Sie Selbstmitgefühl.
Und damit sind wir beim letzten und vielleicht wichtigsten Punkt im Umgang mit Schuldgefühlen: Selbstmitgefühl. Denn es ist doch so: Jeder von uns benimmt sich mal daneben, tritt in Fettnäpfchen oder macht vielleicht auch mal einen Fehler, der jemand anderen verletzt. Das ist menschlich. Wichtig ist, dass wir uns dafür nicht bis ins Mark verurteilen, sondern uns mit einem gewissen Mitgefühl begegnen. Einem Verständnis, das wir auch guten Freunden entgegenbringen würden. Und, wenn die Schuldgefühle berechtigt sind, natürlich aus unseren Fehlern lernen.
Quelle: Studie der Fachhochschule Erfurt, Interview mit Helga Kernstock-Redl bei "Psychologie Heute"