Stammzellenforschung Briten erlauben Tier-Mensch-Embryonen

Es klingt wie aus einem Gruselfilm: Wissenschaftler setzen das Erbgut einer menschlichen Zelle in die entkernte Eizelle eines Tieres ein und züchten daraus ein Tier-Mensch-Embryo. In Großbritannien hat das Unterhaus die Produktion solcher Chimären zu Forschungszwecken jetzt erlaubt.

Nach monatelanger Debatte hat das britische Parlament das umstrittene Gesetz zur Herstellung von Tier-Mensch-Embryonen endgültig gebilligt. Die Abgeordneten im Unterhaus stimmten am Mittwochabend mit 355 zu 129 Stimmen für die Vorlage. Sie erlaubt die Produktion von Embryonen aus Menschen-Erbgut und Tier-Eizellen für die Forschung. Das Unterhaus stimmte zudem der künstlichen Zeugung von sogenannten "Retter- oder Helfer-Geschwistern" (Saviour Siblings) zu. Dabei suchen Ärzte nach einer künstlichen Befruchtung einen Embryo aus, der genetisch am besten zu einem lebensbedrohlich erkrankten Geschwisterkind passt. Dieses erhält dann zur Therapie Stammzellen aus der Nabelschnur oder dem Knochenmark des ausgewählten jüngeren Kindes.

"Monströse Auswüchse" und "Frankenstein-Wissenschaft"

Die Pläne zur Erweiterung der Stammzellenforschung hatten vor allem bei Kirchenvertretern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In dieser Weise dürfe nicht mit Leben herumgedoktert werden. Kritiker sprachen von "monströsen Auswüchsen" der Forschung, einer "Frankenstein-Wissenschaft" und einem Herumpfuschen an der Natur. Großbritannien drohe zum "Schurkenstaat der Wissenschaft" zu werden. Auch innerhalb der regierenden Labour-Partei von Premierminister Gordon Brown hatte das Gesetz für Auseinandersetzungen gesorgt. Bei der Abstimmung votierte jedoch nur eine kleine Zahl der Labour-Abgeordneten gegen die Vorlage. Sie muss nun vom Oberhaus in London abgenickt werden.

Bei der Bildung von Tier-Mensch-Embryonen, auch Hybrid-Embryonen genannt, setzen Forscher das Erbgut einer menschlichen Zelle in die entkernte Eizelle eines Tieres ein. Das Erbgut der entstehenden Chimäre besteht zu 99,9 Prozent aus den Genen des Menschen. Doch die Eizelle der Tiere liefert diesem Embryo die "Zellkraftwerke" (Mitochondrien), die eigenes Erbgut besitzen. Die Wissenschaftler lassen den Embryo nicht zu einem Baby heranwachsen, sondern entnehmen ihm embryonale Stammzellen, um damit zu forschen. Das Verfahren hat den Vorteil, dass keine Eizellen von Frauen benötigt werden und Eizellen von Tieren in nahezu unbegrenzter Zahl aus Schlachthöfen zu bekommen sind. Viele Forscher befürchten jedoch, dass die Stammzellen aufgrund des tierischen Erbmaterials bei der Therapie vom Patienten abgestoßen werden.

In Deutschland nicht erlaubt

Sowohl die Produktion von Tier-Mensch-Embryonen als auch die Auswahl von "Retter-Geschwistern" ist in Deutschland verboten. Bislang sollen Hybrid-Embryonen nur in den USA, Südkorea und China zu Forschungszwecken geschaffen worden sein. In Europa hatten vor wenigen Monaten britische Forscher der Universität Newcastle bekannt gegeben, dass sie eine solche Chimäre erzeugt und damit einen wichtigen Erfolg für die Stammzellenforschung erzielt hätten. Die britischen Forscher hatten mit einer Sondergenehmigung der zuständigen Behörde HFA die Chimären hergestellt.

DPA
DPA

PRODUKTE & TIPPS