Die Tuberkulose ist nach Ansicht des Berliner Robert Koch-Instituts auch in Deutschland weiterhin eine Bedrohung. Trotz leicht rückläufiger Fallzahlen erkranken bundesweit jedes Jahr mehr als 7000 Menschen an Tuberkulose (TB), 400 bis 500 Patienten sterben daran. "Hier ist keine Insel der Seligen", sagte RKI-Experte Walter Haas. Am 24. März ist Welttuberkulosetag. Weltweit sterben jedes Jahr zwei Millionen Menschen an TB - mehr als an jeder anderen behandelbaren Infektionskrankheit.
Hamburg besonders betroffen
In Deutschland ist die Krankheit in Stadtstaaten besonders verbreitet. Die anteilig meisten Erkrankungen registrierten die Forscher in Hamburg. Von 100 000 Einwohnern waren dort rund 12 infiziert - in Bremen waren es 11 und in Berlin 10. Betroffen waren in erster Linie sozial schlechter gestellte Bevölkerungsschichten mit geringer Schulbildung und einem niedrigen Haushaltseinkommen.
7184 TB-Fälle weist die RKI-Statistik für das Jahr 2003 aus, 517 weniger als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte dieser Patienten hatte einen deutschen Pass, 44 Prozent kamen aus dem Ausland. Bei Migranten aus Osteuropa ist Tuberkulose nach RKI-Einschätzung vergleichsweise weit verbereitet. Ein Grund dafür sei der Zusammenbruch des Gesundheitssystems in den GUS-Staaten.
Risikogruppen: Arbeitslose, Häftlinge und Obdachlose
"Diese Krankheit spiegelt immer noch die Bedingungen wider, unter denen Menschen aufgewachsen sind", betonte Haas. Studien in Deutschland ergaben, dass TB bei Arbeitslosen, Häftlingen oder Obdachlosen weitaus häufiger auftritt als in den oberen sozialen Schichten. Stärker betroffen waren auch Alkoholiker. In Kombination mit Aids kann TB immer noch zu einer lebensgefährlichen Krankheit werden.
Nicht jeder TB-Fall in Deutschland werde erfolgreich behandelt, sagte Daniel Sagebiel vom deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose. Rund jeder sechste TB-Patient aus dem Jahr 2002 habe die Behandlung entweder abgebrochen oder sei an Tuberkulose oder aus einem anderen Grund gestorben. Er halte es auch für möglich, dass die neuen Zuzahlungen für Medikamente manche sozial Schwache in Deutschland von einer TB-Behandlung abhalten, ergänzte Sagebiel. Darüber hinaus verzögere das Verschwinden der Tuberkulose aus dem Bewusstsein von Ärzten und der Bevölkerung so manche Diagnose.
Hartnäckiger Husten, Atemnot, Fieber
Tuberkulose ist heute durch eine sechsmonatige Antibiotika- Therapie heilbar. Doch die Behandlung ist aufwendig und Resistenzen gegen Medikamente machen sie schwieriger als früher. Noch in den 50er Jahren dauerte eine Heilung aber länger als ein Jahr und war auch weniger erfolgreich. Als Robert Koch im Jahr 1882 den Erreger entdeckte, gehörte die Krankheit in Deutschland sogar zu einer der häufigsten Todesursachen.
Symptome für Tuberkulose können hartnäckiger Husten über mehrere Wochen hinweg, Atemnot, Gewichtsabnahme und Fieber sein. Die Diagnose erfolgt durch einen Tuberkulin-Hauttest und Röntgenaufnahmen. Neue TB-Bluttests sind nach Einschätzung der RKI-Experten vielversprechend, aber noch sehr teuer. "Es fehlen auch noch Studien", so Haas. Die Interpretation der Ergebnisse sei darüber hinaus schwieriger als beim Tuberkulin-Test. Deshalb hofft das RKI auf die baldige Zulassung dänischer Tuberkulin-Tests in Deutschland. Hier würden die Tests nicht mehr produziert, gingen an einigen Stellen zur Neige und müssten dann für jeden Patienten einzeln im Nachbarland bestellt werden.