"Boys Club" "Man kann nicht einfach nein sagen": Neuer Podcast will Einblicke in das "System Axel Springer" liefern

Axel Springer-Gebäude in Berlin
Das Axel Springer-Gebäude in Berlin
© Soeren Stache / DPA
Im Axel Springer-Konzern brodelt es – nicht erst seit der Affäre um den Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Der neue Podcast "Boys Club" soll nun zeigen: Machtmissbrauch ist bei Springer kein Einzelfall, sondern ein System. 

Spätestens seit der Affäre um den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt steht der Axel Springer-Konzern unter Druck. Von Machtmissbrauch ist die Rede, vom Ausnutzen von Abhängigkeiten, von einer Unternehmenskultur, die man gemeinhin wohl als "toxisch" bezeichnen kann. In der vergangenen Woche wurde diese Diskussion durch geleakte Nachrichten von Springer-Chef Mathias Döpfner erneut befeuert, in denen er ostdeutsche Bürger beleidigte und mutmaßlich versuchte, in den redaktionellen Alltag einzugreifen, um eigene Interessen zu platzieren. 

Wenn der Verdacht zutrifft, stellt sich die Frage: Wie konnte eine solche Kultur bei Springer entstehen? Und wie wird sie am Leben gehalten? Diesen Fragen geht der neue Podcast "Boys Club – Macht und Missbrauch bei Axel Springer" nach. Die Journalistinnen Pia Stendera und Lena von Holt haben über Monate recherchiert und mit Betroffenen aus dem Springer-Konzern gesprochen. Dabei wird deutlich: Der mutmaßliche Missbrauch von Macht wie bei Julian Reichelt oder Mathias Döpfner sind offenbar keine Einzelfälle. Viel mehr – so legen es zumindest die Ergebnisse der Rechercheurinnen nahe – sei es ein System, das tief im Haus verankert ist und offenbar jeden "schluckt", der bereit ist, sich darauf einzulassen.

"Boys Club – Macht und Missbrauch bei Axel Springer": Podcast lässt Betroffene zu Wort kommen

Für die Recherche sprachen Stendera und von Holt nach eigenen Angaben mit mehr als 40 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des Konzerns und zeigen auf, wie insbesondere junge Frauen mit Lob, Verantwortung und Annehmlichkeiten in einen Strudel aus Selbstausbeutung und Selbstzweifel gezogen wurden. Schon früh bekämen sie die Chance, Artikel zu schreiben, die in ganz Deutschland gelesen werden. Dazu die Möglichkeit, Storys in der ganzen Welt zu recherchieren, inklusive Business Class-Flugtickets. Doch Euphorie und Motivation wichen schnell Unsicherheit und Versagensängsten. Wer bei Springer gut performe und nach den Regeln spiele, dem stehe die Welt offen. Wer Zweifel an den Arbeitsweisen oder der Ethik der Berichterstattung übt, müsse eben gehen. 

Dabei berichten die Betroffenen, dass sich die erste Zeit bei Springer wie ein Rausch angefühlt habe, aus dem sie irgendwann mit Kopfschmerzen erwachen und sich selbst fragen, wie sie überhaupt in diese Maschinerie hinein geraten sind. Geld, Anerkennung und die Reichweite ihrer Geschichten halten die Jungjournalistinnen und -journalisten bei der Stange. Und gleichzeitig setzt sie die Chance, in einem der größten Medienhäuser Deutschlands zu arbeiten, unter Druck. Druck, so scheint es, der zerstörerisch wirkt.

Junge Journalistin hungerte sich 20 Kilo herunter

Eine junge Journalistin berichtet, dass sie das Gefühl habt hätte, sie müsse nicht nur gut arbeiten, sondern auch noch gut aussehen. Sie hungerte sich nach eigenen Angaben 20 Kilo herunter. Eine andere Redakteurin, die Reichelt wohl "nahe stand" habe im Compliance-Verfahren gegen den Bild-Chefredakteur sogar für ihn gelogen. "Ich hatte nicht den Mut, und ich habe auch nicht verstanden, dass es da ein System gibt." 

Am Montag sind die ersten beiden Folgen des achteiligen Podcast erschienen. Es ist die erste Kooperation von "TRZ Media", der Produktionsfirma von Jan Böhmermann, Hanna Herbst und Robin Droemer und dem Streamingportal Spotify. Die weiteren Folgen des Podcasts "Boys Club – Macht und Missbrauch bei Axel Springer" erscheinen in den kommenden Wochen jeweils montags exklusiv auf Spotify.

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