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Exklusiver Vorabdruck Barack Obama und Bruce Springsteen im Gespräch: "Unterwegs bist du der King – zu Hause bist Du es nicht"

Zunächst unterhielten sich die Freunde Springsteen und Obama für ihren Podcast "Renegades – Born in the USA". Nun entstand aus den Transkripten ein Buch
Zunächst unterhielten sich die Freunde Springsteen und Obama für ihren Podcast "Renegades – Born in the USA". Nun entstand aus den Transkripten ein Buch
© Rob DeMartin
Im Sommer 2020 setzten sich zwei Freunde zusammen und begannen zu sprechen. Über Identität, die Zukunft ihres Landes, ihre Ehen – und die Frage, was einen guten Vater ausmacht. Der Ex-Präsident Barack Obama und der Rockmusiker Bruce Springsteen machten daraus ein Buch: "Renegades". 

Bei allem äußerlichen Erfolg sind Bruce und ich uns einig, dass der wichtigste Anker über die Jahre hinweg unsere Familien gewesen sind", sagt Barack Obama zu Beginn dieses Gesprächs, aus dem wir hier Auszüge zitieren, "wir hatten das Glück, bemerkenswerte, starke, unabhängige Frauen zu finden, die uns anspornen und herausfordern und erden – und uns ins Gesicht sagen, wenn wir Blödsinn reden."

"Renegades – Born in the USA" Barack Obama, Bruce Springsteen; deutsche Ausgabe, 320 Seiten, 42,00 Euro. Erscheint am 26. Oktober im Penguin Verlag
"Renegades – Born in the USA" Barack Obama, Bruce Springsteen; deutsche Ausgabe, 320 Seiten, 42,00 Euro. Erscheint am 26. Oktober im Penguin Verlag
© Penguin Verlag

Was folgt, sind tiefe Einblicke in das Privatleben des ehemaligen US-Präsidenten und des Rockstars Bruce Springsteen. Springsteen und Patti Scialfa hatten 1991 geheiratet, Barack Obama und Michelle LaVaughn Robinson nur ein Jahr später. Ihre Frauen, sagen die beiden, haben sie nicht nur auf die großen Bühnen ihrer Karriere begleitet, sondern sie vor allem dabei unterstützt, in den wichtigsten Job ihres Lebens zu finden: den als Vater.

SPRINGSTEEN: Es gab da einen Vorfall, als Patti schon ein paar Monate schwanger war. Sie hatte Blutungen. Wir gehen also zum Arzt. Ich stehe da, und auf einmal wird mir klar: "Es gibt nichts auf der Welt, was ich gerade nicht tun würde." Wenn jemand sagen würde, da ist ein Löwe auf dem Flur oder ein Bär, könnten Sie bitte hingehen und ihn aus dem Gebäude vertreiben … Es gab nichts, was ich nicht getan hätte, um dafür zu sorgen, dass es Patti und dem Baby gut ging. Es kam …

OBAMA: Aus dem Bauch raus.

SPRINGSTEEN: Es kam aus dem Bauch raus. Und es war meine erste Begegnung mit bedingungsloser Liebe. Zum ersten Mal im Leben fühlte ich eine furchtlose Liebe. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so etwas überhaupt empfinden könnte. Und ich wollte einfach nur der Mann sein, den meine Frau und mein Sohn brauchen.

OBAMA: Du wolltest sie einfach nicht enttäuschen. Du konntest den Gedanken, deine Familie zu enttäuschen, nicht da zu sein, um das Richtige zu tun, einfach nicht ertragen – und ich konnte es auch nicht.

SPRINGSTEEN: Und ich glaube, das war die Frage: "Bin ich in der Lage, sie nicht zu enttäuschen?" Ich wusste es nicht genau. Man weiß es wohl nie genau …

OBAMA: Stimmt.

Michelle und Barack Obama mit ihren Töchtern Malia (r.) und Sasha, 2019
Michelle und Barack Obama mit ihren Töchtern Malia (r.) und Sasha, 2019
© Obama Family Archives

SPRINGSTEEN: Aber wenn die Kinder auf der Welt sind und du Ressourcen in dir findest, von denen du gar nicht gewusst hattest, dass sie da waren, dann ist das ein Geschenk deiner Kinder und deiner Frau. Dass du ein neues Ich anerkennst und deine Männlichkeit verwirklichst – das war gigantisch. Ich wachte auf. Ich fühlte mich wie … nicht unbedingt wie ein anderer, aber wie jemand, der so viel weiter gekommen war, als ich je für möglich gehalten hatte.

OBAMA: Das ist ein Bereich, in dem sich das Männerbild meiner Ansicht nach wirklich verändert hat. Als ich Malia bekam, war ich nicht nur völlig eingenommen und fasziniert und vernarrt in diesen kleinen Wonneproppen und in die Frau, die so viel durchgemacht hatte, um mir diese Freude zu schenken. Ich glaube, da war auch dieses Gefühl, das mir sagte, ein Vater sollte mit seinen Kindern Zeit verbringen wollen und sie Bäuerchen machen lassen und ihre Windeln wechseln –

Barack Obama als junger Vater
Barack Obama als junger Vater
© Obama-Robinson Family Archives

SPRINGSTEEN: Mmmhmm. Idealerweise.

OBAMA: Und ich übernahm die Nachtschicht.

SPRINGSTEEN: Ich auch.

OBAMA: Weil ich die Nachteule war.

SPRINGSTEEN: Ich genauso.

OBAMA: Und im Kühlschrank stand Muttermilch bereit. Ich hatte meine Instruktionen, und um Mitternacht und um zwei Uhr morgens klopfte ich ihnen auf den Rücken und fütterte sie und –

SPRINGSTEEN: Das habe ich immer geliebt –

OBAMA: Und nahm sie auf den Schoß, und sie starren zu mir herauf, und ich lese ihnen vor und rede mit ihnen und spiele ihnen Musik vor. Und ich glaube, die Freude daran war tabu, genauso wie Männer lange nicht bei der Geburt zusehen konnten, oder?

SPRINGSTEEN: Ja, sie ließen dich nicht rein.

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