Insolvenzverfahren Suhrkamp flüchtet unter den Schutzschirm

Mit einer ungewöhnlichen Form des Insolvenzverfahrens will der Suhrkamp Verlag sein Kapital vor dem Zugriff des Minderheitengesellschafters Hans Barlach schützen.

Im erbitterten Gesellschafterstreit will der traditionsreiche Suhrkamp Verlag mit einer besonderen Art des Insolvenzverfahrens sein Überleben sichern. Das Unternehmen stellte am Montag beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf ein Schutzschirmverfahren. Damit zieht die Geschäftsführung um Verleger-Witwe Ulla Unseld-Berkewicz die Konsequenz aus dem jahrelangen Streit mit dem Minderheitsgesellschafter Hans Barlach.

Der Verlag betonte in einer Mitteilung, der Schritt sei eine Reaktion aus dem Urteil des Landgericht Frankfurt vom 20. März. Danach müssten Forderungen der Gesellschafter an den Verlag in Höhe von rund 8,2 Millionen Euro in den Bilanzen berücksichtigt werden. Die Gesellschafter hätten sich nicht über die Ausschüttung der Gewinne einigen können. Das Frankfurter Gericht hatte entschieden, dass Suhrkamp knapp 2,2 Millionen Euro aus dem Bilanzgewinn des Jahres 2010 an seinen Minderheitsgesellschafter Barlach zahlen muss.

Aufgabe der Souveränität

Durch den Schirm würden diese Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt und der Verlag in seiner Existenz geschützt, teilte Suhrkamp mit. Dadurch bleibe der Betrieb uneingeschränkt handlungs- und zahlungsfähig. "Mitarbeiterverträge sind durch die Antragstellung nicht betroffen. Autorenverträge bleiben bestehen."

Für den Erhalt des Unternehmens wichtige Entscheidungen könnten vorerst nur noch unter Mitwirkung eines vom Gericht bestellten Sachwalters getroffen werden. Der Schritt ermögliche den "Fortbestand des Verlages im Sinne der von Siegfried Unseld begründeten Tradition und seiner Ziele".

Portfolio voll intellektueller Schwergewichte

Für den Erhalt des Verlags wichtige Entscheidungen werden nun nicht mehr von den zerstrittenen Gesellschaftern getroffen, sondern von einem vom Gericht bestellten Sachwalter von einer auf Insolvenzen spezialisierten Berliner Kanzlei.

Um den Verlag tobt seit Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen den Gesellschaftern. Die Verlegerin Unseld-Berkéwicz hält 61 Prozent der Anteile, Medienunternehmer Barlach den Rest.

Das 1950 von Peter Suhrkamp gegründete und von Unseld fortgeführte Unternehmen zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Verlagen. Zu seinen bekanntesten Autoren gehören Christa Wolf, Thomas Bernhard, Bertolt Brecht, Hermann Hesse, Max Frisch, Uwe Johnson, George Tabori oder Uwe Tellkamp. Wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Diskussion lieferte in den Jahren nach der Studentenrevolte von 1968 die regenbogenfarbige Reihe edition suhrkamp.

Zur Verlagsgruppe gehören unter anderem der Insel Verlag und der Jüdische Verlag. Der Jahrzehnte in Frankfurt ansässige Verlag zog 2010 nach Berlin. Seit einigen Jahren veröffentlicht Suhrkamp auch Kriminalromane.

DPA · Reuters
ono/Reuters/DPA