Eröffnungsfilm der Berlinale Tom Tykwer ist der neue Weltregisseur

  • von Kathrin Buchner
Furioser Auftakt der Berlinale: In "The International" geht es um die skrupellosen Waffengeschäfte einer Bank, um Korruption und Verschwörung. Der richtige Film zur richtigen Zeit. Kein Wunder, dass Regisseur Tom Tykwer souverän wie nie vor die Presse tritt.

Von wegen international, beinahe hätte Tom Tykwer die Hand heben lassen. "Deutsch oder englisch, sollen wir jetzt über meine Antworten abstimmen?" Die Lacher hat er damit schon auf seiner Seite. Locker und souverän gibt sich der Regisseur bei der Vorstellung seines Films "The International", der die diesjährige Berlinale eröffnet.

Der Film trifft den Nerv der Zeit punktgenau - erstaunlich genug, wenn man weiß, wie lange es dauert, solch ein monumentales Werk zu vollenden. Gedreht wurde in Luxemburg, Mailand, New York, Istanbul und Berlin, der neue Hauptbahnhof gibt gleich zu Beginn sein Filmdebüt. Es ist das Porträt einer "bösen Bank", dessen geldgieriger Vorstand sich als Waffenzwischenhändler Kontrolle in Krisenregionen verschafft und jeden, der sich ihm in den Weg stellt, per Auftragskiller eliminieren lässt. Mit legalen Methoden ist ihm nicht beizukommen, so mündet der Film in ein rasantes Katz-Maus-Spiel zwischen im Alleingang operierenden Interpol-Ermittler Salinger (Clive Owen) und dem skrupellosen Bankchef Skarssen (Ulrich Thomsen).

Der Hauptdarsteller als Projektionsfläche

Wie tief sich Tykwer und sein Team die Arbeit bewegt hat, sieht man ihnen an: Fünf Männer in schwarzen Sakkos und hellen Hemden sitzen auf dem Podest - würden nicht die Krawatten fehlen, könnte es auch die Bilanz-Sitzung einer Bank sein. Auch die Ähnlichkeit zwischen Regisseur und Hauptdarsteller Clive Owen ist auffällig. Mit dem Unterbewusstsein erklärt Tykwer dieses Phänomen, er spricht von der Suche nach dem besten Schauspieler als Projektionsfläche seiner eigenen Vorstellungen und schiebt noch einen Gag hinterher: Ein guter Stoff sei für ihn, wenn er vorsähe, dass der Hauptdarsteller so aussehen könne wie er.

Ehe die letzten Lacher verebben, schwenkt Tykwer ins Ernsthafte um, betont, dass dieser Film eben nicht über die derzeitige Finanzkrise sei, sondern ein System kritisiere, dass paranoide und kriminelle Auswüchse zeige. Gegenwartsströmungen habe er integrieren wollen, ansonsten sei "The International" ein klassischer Thriller in der Tradition von 70er-Jahre-Verschwörungs-Dramen wie "Zeuge einer Verschwörung" oder "Die Unbestechlichen".

Tykwer, der Alleinunterhalter

Es macht Spaß, Tykwer zuzuhören. Schwierige Fragen jongliert er galant zurück, wechselt mühelos zwischen deutsch und englisch. Stoppt sich selbst, wenn seine Ausführungen intellektuell zerfasern, scheut sich nicht, abseitige Gedanken einfließen zu lassen. Seine Reaktionen sind spontan und emotional. Warum der Böse ausgerechnet ein Däne sei - Tykwer stutzt, grübelt, darüber habe er noch gar nicht nachgedacht, spielt die Frage elegant dem Bankvorstands-Darsteller Ulrich Thomsen zu, der um eine Antwort verlegen ist. Mühelos degradiert Tykwer seine Hauptdarsteller Owen und Thomsen zu Statisten, die lediglich ein paar belanglose Sätze ablassen. Lediglich Armin Müller-Stahl, der große alte Mann des deutschen Films, kann mit seiner Hollywood-Erfahrung neben Tykwer punkten. Dabei wirkt Tykwer alles andere als despotisch, sondern bewahrt jugendlichen Charme. Dahinter lässt sich höchstens erahnen, wie viel Disziplin, harte Arbeit und Perfektionismus hinter seinem Erfolg steckt.

Der Film ist mehr als nur ein Film zur Finanzkrise. Es ist ein unglaublich packender, spannender Thriller, gar als besseren Bond feiern ihn manche Kritiker. Nach dem Erfolg mit "Das Parfum" hat Tykwer noch mal einen drauf gelegt. Und beweist ein unglaubliches Gespür für Stoffe. Er ist einer der besten Regisseure der Welt und garantiert der beste Weltregisseur, ein Meister im Umgang mit internationalen Crews. Das ist allerdings bei der hollywoodfixierten Academy noch nicht angekommen. Aber irgendwann wird auch Tykwer einen Oscar bekommen.

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