7. Cannes-Kontakt Das ganz große Kino ist jetzt Fernsehen

Steven Soderbergh und Michael Douglas üben mit "Liberace" den Befreiungsschlag. Matt Damon ist einfach zu nett. Und Paris Hilton hat jetzt Strom.

Was machst du gerade? Literweise Cola trinken, weil die Film-Interviews-Film-Konferenz-Film-Party-Müdigkeit einsetzt.

Das

Kinoerlebnis des Tages

ist ein Fernsehfilm, heißt "Behind the Candelabra" und ist ganz großes Kino. Steven Soderbergh hat keine Lust mehr auf Energieverschwendung wegen der schwierigen Finanzierung oder des angeblich zu hohen Anspruchs seiner Filme. Deshalb hat er sich statt mit einem Filmstudio mit HBO zusammengetan, um die Liebesgeschichte von Las-Vegas-Super-Entertainer Liberace und seinem Jungen für alles, Scott Thorson, verfilmt. Den spielt Matt Damon mit Stringtanga und Spühbräune genauso überzeugend wie Michael Douglas Liberaces Grandezza im Kitschpalast, den er sich von seinen Showmillionen gebaut hat. Liberace war damals schließlich erfolgreicher als Elvis. Das Allergrößte an diesem Film über einen alten Mann, der in einer Zeit, als man nicht schwul sein durfte, fünf Jahre lang eine Beziehung mit einem blutjungen Mann hat, ist aber Soderberghs Leistung, all den Glitter angesichts der tragischen Liebesgeschichte fast vergessen zu machen. Es geht weniger um Strasssteine und Schönheitsoperationen als gebrochene Herzen. Darin ist "Behind the Candelabra" genauso groß wie "Brokeback Mountain". Allerdings wird man Rob Lowe als komplett veroperierten, ewig grinsenden plastischen Chirurgen trotzdem nicht so schnell vergessen.

Moment des Tages:

In der Pressekonferenz zu "Behind the Candelabra": Als Michael Douglas plötzlich die Tränen kamen, als er seine Freude darüber zum Ausdruck bringen wollte, dass dieser Film der erste nach seiner überstandenen Krebserkrankung sei, schluckten auch Soderbergh und der ganze Saal. Produzent Jerry Weintraub sagte hinterher, es sei das erste Mal, dass Douglas sich privat wie öffentlich zu dem Thema geäußert habe. (Lesen Sie am Mittwoch Michael Douglas im Interview auf stern.de)

News des Tages: Hollywood-Strippenzieher Harvey Weinstein unterstützt eine europäischen Kampagne zum Schutz der eigenen Kultur - was den Euopäern zu denken geben sollten. Neben Michel Hazanavicius ("The Artist"), Costa Gavras und Amos Itai haben insgesamt 5500 Kulturschaffende eine Petition unterschrieben, die die französische Regierung auffordert, von einem Kino-Medien-Handel der EU mit den USA Abstand zu nehmen.
Sichtung des Tages: Paris Hilton hat es endlich auf eine Party geschafft. Nachdem das professionelle It-Girl wegen eines Stromausfalls seine Haare nicht rechtzeitig zur Festivaleröffnung in Form föhnen konnte, hat es für die Aftershowparty von "Seduced and abandoned" gereicht. Die Erbin kam mit dem spanischen Model River Viiperi. Den schleppt sie schon seit 2012 mit sich herum. Ist es etwa Ernst?!

und Pudsey: Castingshow-Papst Simon Cowell verfilmt das Leben des "Britain got Talent"-Gewinners Pudsey. Schließlich hat der fröhliche Collie-Kistenbrett-Mischling auch schon die Queen getroffen.

Zitat des Tages: "Über der Gürtellinie ist es ein Star, unter der Gürtellinie ein Pornodarsteller." (Der gar nicht anwesende, aber irgendwie doch sehr präsente Lars von Trier über die Stars in seinem neuen Film "Nymphomaniac") und "Es ginge zu weit, wenn man im Vorhinein schon über seine Kompromissbereitschaft eine Entscheidung fällen würde. Das kommt auf die Umstände an, sonst wäre es ja schon ein Prinzip und kein Kompromiss mehr." (Christoph Waltz' Antwort auf die Frage nach seiner Kompromissbereitschaft)
und "Ich bin pinkeln gegangen, und sie haben mich nicht mehr reingelassen. Ich habe die erste Hälfte meines Films verpasst." ("Inside Llewyn Davis"-Star Oscar Isaacs über die rude Sicherheitspolitik im Prenmieren-Palast)

Nur mal so nebenbei:

Morgen ist es endlich soweit: Kritiker- und Frauenliebling Ryan Gosling ist in Nicolas Winding Refns neuem Film zu sehen. Nach "Drive" kommt "Only God Forgives". Frauen haben sich jetzt schon an die Absperrgitter gekettet. Sie sollten allerdings eines über Gosling wissen: "Einmal saß ich im Flugzeug, da ist der Druck abgefallen, die Masken kamen raus, die Leute haben geweint, sich verabschiedet, und ich wollte einfach nur mein Steak aufessen."

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