Wenn Gérard Depardieu in dem Drama "Valley of Love" das erste Mal in Shorts durchs Bild rennt, denkt man wirklich, dass dieser französische Mammut-Schauspieler Obelix nicht nur gespielt, sondern gleich gegessen hat. Eigentlich verdient dieser Bauch einen eigenen Darstellerpreis, und Depardieu scheint auf ihn mindestens genauso stolz wie auf seine Freundschaft mit dem russischen Präsidenten. Die hat er auch in Cannes betont: Er kenne und möge ihn sehr, so der Koloss. Und: "Ich liebe die Menschen in der Ukraine, aber mit Konflikten kenne ich mich nicht aus."
Kollegin Isabelle Huppert verzog mal wieder keine Miene, sondern guckte weiterhin von der Welt ennerviert. Aber dieses Zusammenspiel auf der Leinwand - Schnute und Bauch - ist wirklich eine Lust, wenn sie als getrenntes Paar nach Jahren durchs Death Valley ziehen, weil ihr Sohn sich das in seinem Abschiedsbrief vom Leben so gewünscht hat. Wild und seltsam.
Seltsam, aber auch irgendwie unbehaglich war die Neuauflage vom All-time-Klassiker "Der kleine Prinz" als Animationsfilm, der die Geschichte ins extrem großäugige Jetzt verpflanzt. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass Saint Exupéry sich gerade in seinem nassen Grab umdreht. Und man rollt mit. Da hilft auch die Stimme von Jeff Bridges nichts.
Der Auftritt des Tages
Festivalpräsident Thierry Fremaux hat das Flatgate-Bashing endgültig satt. Wer Cannes wegen der vermeintlichen High-Heel-Regelung, die es nie gegeben haben soll, Sexismus vorwerfe, der solle sich mal die Oscars angucken, die seien viel schlimmer. Da hat er natürlich Recht.
Bei der alljährlichen Amfar-Gala in Antibes waren flache Schuhe definitiv die Ausnahme. Models so weit das Auge reicht, gab es auf dem roten Teppich zu sehen. Und so ziemlich jeden Promi, der einem auf die Schnelle einfällt. Aber der Rest natürlich auch.
Und dann kam am Freitagabend in einem Kino an der Croisette Pharrell Williams auf die Bühne, der unter anderem mit Lenny Kravitz' Tochter Zoe für den HipHop-Ghetto-gute-Laune-Film "Dope" wirbt. Die Musik im Film war dann zwar doch nicht wirklich umwerfend, aber auf der Party hinterher schon.
Ein Gesicht in der Menge:
Als Christel in den 1980ern mit ihrem Mann aus England nach Cannes gekommen ist, wollten sie eigentlich nur ein, zwei Jahre bleiben. 31 Jahre lang haben sie den Cannes English Bookshop betrieben. Elizabeth Taylor war schon hier und auch Tony Curtis. Und der gefeierte amerikanische Filmkritiker Roger Ebert hat Signierstunden gegeben - und sich im Gästebuch verewigt.
Jetzt hängt ein Schild im Fenster: Shop zu verkaufen. Aber die wundervolle Christel ist trotzdem bester Laune. Denn sie werde nun endlich einmal ausschlafen und dann mit ihrem Mann auf Reisen gehen.
Und nun ist es schon wieder VORBEI. Das Ende des Festivals geht mit Müdigkeit und Trauer einher nach fast zwei Wochen im hermetisch abgeriegelten Kino-Universum am Meer. Natürlich fühlt es sich wieder so an, als sei man gerade erst angekommen. Es war großartig wie "Dheepan", enttäuschend wie "Love", traurig wie "Amy", lustig wie "Youth" und der Hammer wie "Inside Out". Sonntagabend gibt es die Palmen und dann heißt es au revoir! Danke fürs Lesen!
Natürlich gibt es noch einen Blick aufs Meer und in den Himmel!