Man müsste die schwulen Kollegen verbieten. Kindergärten müsste man dichtmachen, damit dort keine Szenen mehr gefilmt werden, und alle Hunde und Katzen bitte wegschließen, ehe ein kamerageiler Hollywood-Star sich an sie presst. Auch Senioren sollten sich in Acht nehmen; wie schnell wird man in so einen Film gerollt, der sich "romantische Komödie" nennt und von den Zynikern in Hollywood voll gestopft wird mit Personal und Accessoires zur "Vermenschlichung" ihrer Heldin.
Woran man merkt, dass man in so einer "Rom-Kom" gelandet ist? Wenn die Heldin - die Kindergärtnerin oder Altenpflegerin ist - Häschen-Puschen trägt und trotz phänomenaler Attraktivität allein im Stehen eine Hähnchenbrust an der Spüle mampft. Im vorliegenden Fall ist die Heldin Kindergärtnerin und der Film "Frau mit Hund sucht Mann mit Herz" ein Haufen von Klischees, den man, hätte man irgendwas zu sagen auf dieser Welt, gern verbieten oder nach Nordkorea exportieren würde, wäre - ja, wäre da nicht Diane Lane.
Es gibt wohl kaum eine Schauspielerin,
die Frauen ebenso sympathisch wie Männer sexy finden (normalerweise reißt in dieser Frage der Judi-Dench-Jessica-Alba-Graben auf). Diane Lane mit ihren walnussbraunen Augen und der Yoga-schlanken, aber durchaus gepolsterten Figur ist auf eine so entspannte Weise schön, dass männliche Betrachter ihr einfach gern zusehen, egal, ob sie nun eine Stripperin spielt oder jetzt eine Hundemutti.
Und für Frauen hat sich die Schauspielerin, die seit ihrem 13. Lebensjahr vor der Kamera steht, immer mehr zu einer Art Fleisch gewordener Rettungsfantasie entwickelt: In ihren Rollen lebt Diane Lane das Leben, für das sie in Gedanken üben. Lässt sich in erotische Abenteuer fallen ("Untreu") und verabschiedet sich aus dem grauen Alltag ("Unter der Sonne der Toskana"); eine Wie-du-und-ich-Frau, die in ihre Du-mich-auch-Phase tritt, sinnlich und selbstbewusst, vertraut und befreit. Über ihre Aufgabe als Traumfrau sagt die Vierzigjährige trocken: "Eigentlich versuche ich, so viele verschiedene Figuren wie möglich zu spielen. Ich meine, ich bin nicht Johnny Depp, aber ich gebe mir wirklich Mühe."
Wenn sie lacht, klingt es ein bisschen kehlig und kerlig. Und die Art, wie sie ein Bein über die Armlehne ihres Sessels hängen lässt und dabei komplett vergisst, dass sie einen Rock trägt, legt die Vermutung nahe, dass sie mit ungefähr acht Brüdern aufgewachsen ist, bis ins hohe Teenie-Alter verschrammte Beine vom Kicken hatte und sich weder vor Taranteln noch vor kürbisgroßen Kröten ekelt. Diane Lane, die auf der Leinwand so dezent Sinnlichkeit und Erotik glimmen lässt, wirkt im wahren Leben wie ein guter Kumpel. Gescheit, bodenständig, praktisch.
An acht Brüdern kann's nicht liegen, denn groß geworden ist sie als Einzelkind, Tochter eines Schauspiellehrers und eines ehemaligen "Playboy"-Models, die sich wenige Tage nach Dianes Geburt scheiden ließen. Mit sechs stand die Kleine, die beim Vater aufwuchs, bereits auf einer Bühne, mit 14 zierte sie das Titelbild von "Time". Laurence Olivier, mit dem sie ihren ersten Spielfilm drehte, nannte sie "die nächste Grace Kelly". Sie selbst findet sich im Rückblick "ein ziemlich müde aussehendes Mädchen". Und in der Tat ging alles so erschöpfend schnell in der Karriere der jungen Miss Lane, dass mit frühem Verglühen zu rechnen war.
Diane Lane jedoch drehte weiter ihre Runden. Unerschütterlich, unprätenziös. Ein Arbeitspony, das gut gelaunt zum Dienst erschien und Polizistinnen und Prostituierte spielte, Schönheitsköniginnen und Rock-Diven. Zwischendurch ging sie mit Jon Bon Jovi aus, heiratete den französischen Schauspielkollegen Christopher Lambert, bekam 1993 ihre Tochter Eleanor, ließ sich scheiden. Keine großen Skandale, keine großen Triumphe. Es muss der beständige Aufenthalt im wohltemperierten Mittel gewesen sein, der Diane Lane so gelassen bleiben ließ in einem Metier, das Gelassenheit mit Scheintod verwechselt. "Ich habe immer gearbeitet, auch wenn viele es überhaupt nicht wahrgenommen haben. Was ich wiederum nicht so schlecht fand: Denn ich habe bei jedem Film etwas gelernt, und ich wusste, dass mir das noch mal nützen würde."
Der infame Plan ging auf:
2002 betrog Diane Lane ihren Filmgatten Richard Gere mit einem Beau aus Old Europe, dessen Akzent hart und dessen Hemd tief aufgeknöpft war. Die Kritiker sanken auf die Knie. So viel Sexappeal! So eine kluge, ehrliche, überraschende Darstellung! Diane Lane bekam für "Untreu" ihre Oscar-Nominierung. Von Comeback war die Rede und einer wohlverdienten zweiten Chance. "Ja, ja", sagt sie gedehnt. "Ich verdiene derzeit so viel wie nie. Aber auch noch nie hatte ich so sehr das Bedürfnis, zu Hause zu bleiben und mich um meine Familie zu kümmern."
Die elfjährige Eleanor hat nun also eine Mutter, die mit 40 - einem Alter, in dem Schauspielerinnen früher demütig auf die Hausfrauen- und Richterinnenrollen auswichen - als Sexsymbol gilt. Es ist nicht die einzige Neuigkeit im Leben der beiden: Vor einem Jahr ehelichte Diane Lane den Schauspieler Josh Brolin; dessen zwölfjährige Tochter Eden zog mit ins gemeinsame Haus in Los Angeles. Zu Eleanors Oma wurde damit Barbra Streisand (Brolins Vater James ist mit Hollywoods größter Diva verheiratet).
Durch ihre Ehe geriet Diane auch erstmals in heftiges Klatsch-Gewitter: Im Dezember vergangenen Jahres rief sie, in einem Streit mit Brolin, die Polizei. Als die Cops anrückten, war dem Paar die ganze Aktion furchtbar peinlich; Brolin wurde dennoch mit aufs Revier genommen. Sie will heute über "das Missverständnis" nicht mehr sprechen. Sie will im Gegenteil ihren Josh nur in den höchsten Tönen loben - und merkt lächelnd an, dass man bei zwei Schauspielern eben nicht wisse, wie der Abend verläuft, das sei doch gerade das Wunderbare.
"Frau mit Hund sucht Mann mit Herz": Eins plus eins = null
Da sitzt man also mit offenem Herzen im Dunkeln, mit der festen Absicht, diesen Film über zwei Singles, die übers Internet und zahlreiche Umwege zueinander finden, zu mögen. Doch jedes Mal, wenn man gerade so weit ist, kommt irgendetwas dazwischen. Diane Lane zum Beispiel. Klassefrau. Aber als Kindergärtnerin, die wie ein Twen verhuscht-verzweifelt auf Traumprinzensuche ist? Oder John Cusack. Guter Typ. Spielt einen Bootsbauer, der nie etwas verkauft, sodass man sich fragt, wovon er sich seinen schicken Bootshaus-Loft leisten kann. Es knistert einfach nicht zwischen den beiden. Und auch die beiden Quoten-Schwulen, die als Frauentröster auftauchen, können den Film nicht retten. Leider nur eine matte Romanze, die unser offenes Herz weit verfehlt.
"Ich bin eine Romantikerin", sagt sie in diesem trockenen Tonfall, der klingt, als beschriebe sie einen korrekten Reifenwechsel. "Ich will mein Leben teilen! Ich will gebraucht und benützt werden. Ja: benützt. Sonst dämmert man doch vor sich hin wie im Winterschlaf." Ein Leben, sagt sie, ist erst wirklich gelebt, wenn du Zeugen dafür hast. Menschen, die dich lieben, die mit dir streiten, die dich wirklich kennen. Wenn du vernetzt und verbunden bist mit anderen.
Und dann erzählt sie von der Geburt ihrer Tochter und wie furchtbar sie es fand, fotografiert zu werden. "Ich hatte gerade acht Pfund aus mir herausgepresst, war erschöpft und deprimiert und dachte nicht eine Sekunde daran, wie wichtig dieses Bild für mein Kind sein würde. Bekäme ich heute ein Baby, ich brüllte sofort nach der Kamera. Knipst mich! Hier ist das Kind, hier sind meine verquollenen Titten... Ich wäre schamlos." Sie lacht gemütlich. Wahrscheinlich machte es ihr wirklich nicht viel aus, zu Hause zu bleiben.
Wahrscheinlicher aber ist, dass Diane Lane noch viele Runden dreht.