Alarm in Hollywood - ach was, in der ganzen Welt. Die größte Glamourparty des Jahres ist in Gefahr. Der Skandal um die "weißen" Oscars reißt zunehmend tiefe Gräben. Reicht ein Monat aus, um sie zuzuschütten und den roten Teppich drüberzurollen?
Seitdem am Donnerstag vergangener Woche die Nominierungen für die Academy Awards 2016 verkündet wurden und die Darstellerpreis-Anwärter wie schon im vergangenen Jahr mal wieder alle "Lilien-weiß" sind (Spike Lee), herrscht Krieg in Hollywood. Und die Kampfzone weitet sich täglich aus.
Oder wie Kevin Polowy von "Yahoo Movies" so schön schreibt: Die Academy "braucht kein Pflaster, sie braucht ein Lifting!" Der berühmte, rund 6000-köpfige Haufen "alter, weißer Männer", der Jahr für Jahr entscheidet, wer nominiert, wer ausgezeichnet und wer ignoriert wird, besteht laut einer umfangreichen Recherche der "Los Angeles Times" von 2012 tatsächlich zu 94 Prozent aus Weißen und zu 77 Prozent aus Männern. Afro- und Südamerikaner sind mit jeweils nur zwei Prozent vertreten. Das Durchschnittsalter ist 62.
Zudem gilt die Mitgliedschaft auf Lebenszeit, so dass auch Leute wählen, die dem Filmgeschäft seit Jahrzehnten den Rücken gekehrt haben: darunter übrigens eine Nonne, ein Rekrutierer fürs Friedenscorps und ein Buchhändler. Die Zahl der Academy-Mitglieder gehörig aufzustocken, ist eine dringende Maßnahme. Und vielleicht sollte man noch mal über die Mitgliedschaft auf Lebenszeit nachdenken.
Nicht nur die Oscars, die ganze Industrie
Unter anderem Whoopi Goldberg sieht allerdings ein viel größeres Problem als nur die Zusammensetzung der Academy. Für die Oscar-Gewinnerin ist die Filmindustrie im Ganzen schuld: "Wir führen diese Diskussion jedes Jahr - und es macht mich rasend", so Goldberg in einem TV-Interview. "Kleine Studios, die vielleicht vielfältigere Filme machen, bekommen keine große Unterstützung. Darüber sollte man sich nicht nur zu den Oscars aufregen." Die mangelnde Vielfalt werde bleiben, wenn nicht mehr Filme mit nicht-weißen Stars gemacht würden. "Das Problem ist nicht nur, dass die Jury weiß ist", das Problem sei, dass die Geldgeber immer noch meinten, dass es für schwarze Filme keinen Platz gebe.
Vom Boykott hält sie allerdings wenig: "Es würde nicht helfen und wäre ein Schlag ins Gesicht für Chris Rock. Das finde ich auch falsch. Ich werde die Oscars nicht boykottieren, aber ich werde mich weiter aufregen, das ganze Jahr über, weil ich es leid bin, immer nur Filme zu sehen, die nur einen Teil der Bevölkerung repräsentieren."
Hollywoodstar Dustin Hoffman schließlich ordnet die Oscars in ein düsteres Gesamtbild ein: "In unserem Land gibt es unterschwelligen Rassismus. Der war immer da, daran hat auch das Ende des Bürgerkriegs nichts geändert", so Hoffman im Gespräch mit der BBC. Die Oscar-Krise sei nur ein Beispiel dafür. Das größere Problem sei allerdings, "dass junge Schwarze von der Polizei auf offener Straße getötet werden".
Und jetzt: Glamour
Und wie geht es jetzt bitte von hier aus zurück zur glitzernden Leichtigkeit der Oscar-Nacht? In politischen Zeiten wie diesen, wo jeder eine Meinung, eine Seite, eine Peer-Group haben muss, wird es schwierig, auf dem roten Teppich unbeschwert über Abendkleider zu plaudern. Oscar ist kaputt. Wie wird man ihn bis zum 28. Februar kleben?
Die 88. Academy Awards sind schon jetzt hochspannend - und das nicht wegen der Filme.