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Winterbottoms "Look of Love" Porträt eines Porno-Barons kommt auf die Leinwand

Glitzernde Siebziger, britischer Humor und seriöse Biografie: Der neue Film von Starregisseur Michael Winterbottom "The Look of Love" erzählt die wahre Geschichte des Sex-Unternehmers Paul Raymond.

Für die einen war es das Paradies, für die anderen Sodom und Gomorra. Die sexuelle Befreiung der 60er und 70er Jahre sprengte Fesseln der Prüderie und der Konvention, stellte lustbetonte Ausschweifung gern als Menschenrecht in den Mittelpunkt des Lebens. Dass diese gesellschaftliche Entwicklung auch ein Geschäft war, "big business" auf Kosten von Familien und Kinderseelen, daran erinnert Michael Winterbottoms Film "The Look of Love". Nach dem wahren Leben des Porno-Barons Paul Raymond (1925-2008) schuf der englische Starregisseur flockige, im Kern aber bitter-biografische Unterhaltung, die zugleich das Sittengemälde einer Ära darstellt.

Der Junge aus Liverpool

Der sozial und politisch engagierte Winterbottom (52, "The Road to Guantanamo"), der in "9 Songs" (2004) selbst die Grenzen zur Pornografie berührte, setzt in der Tragikomödie britische Ironie, tolles Styling und stimmungsvolle Musik ein, um seine Geschichte zu erzählen: Als Raymond starb, galt der Nachtclub-Besitzer, Männermagazin-Verleger und Immobilienbesitzer als reichster Mann des Vereinigten Königreichs. "Nicht schlecht für einen Jungen aus Liverpool, der nur fünf Shilling in der Tasche hatte", pflegt seine Filmfigur, dargestellt von Starkomiker Steve Coogan, grinsend zu sagen. Mit herrlich lässigem Spitzbuben-Charme mimt Coogan ("24 Hour Party People") den Aufsteiger.

In London wurde der Porno-Pionier bald zum "King of Soho". Gegen Ende seines Lebens aber war seine Ehe geschieden, die Haupt-Gespielin weg, seine Söhne ihm fremd und seine geliebte Tochter Debbie, die seine Nachfolgerin werden sollte, an Alkohol und Drogen zugrunde gegangen. Im Film hockt Raymond 1992 nach ihrer Beerdigung einsam im Schlafzimmer und starrt auf einen kleinen Bildschirm mit Filmaufnahmen aus verlorenen Tagen.

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Von eleganter Atmosphäre zum schlüpfrigen Softporno

Fast spielerisch schien dem stets schicken Mann mit Herrenhaus und Luxuslimousinen alles zu gelingen. Im Jahr 1958 - gefilmt in Schwarz-Weiß - gründete er den ersten Stripclub Großbritanniens. Den hatte er zu einem Privatclub erklärt, um die Gesetze zu umgehen. Hier tanzen Frauen in Slips mit Federbüscheln auf dem Kopf noch vor elegant gekleidetem Publikum. Eingebettet in die Atmosphäre des Swinging Londons werden seine Angebote mit der Zeit drastischer - und Winterbottoms Bilder grell bunt. Schlüpfrige Westend-Komödien und besonders Softporno-Hefte wie "Men Only" bringen Raymond, der eigentlich Geoffrey Quinn hieß, viel Gewinn. Doch während er sein Imperium lenkt und den sensationsheischenden Medien coole Interviews gibt, scheint ihm alles zu entgleiten, was wirklich Substanz hat.

Bei Winterbottom agiert der "King" an vielen Originalschauplätzen im damaligen Rotlichtviertel Soho. Neben Anna Friel (Ehefrau Jean), Tamsin Egerton (Freundin Fiona Richmond) und Imogen Poots als Debbie sowie weiteren verführerischen Frauen sind einige von Paul Raymonds Original-Mitarbeitern in Kleinstrollen bei dem schillernden Streifen dabei.

juho/Ulrike Cordes/DPA DPA

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