Wolfgang-Petersen-Interview "Wer in Amerika weitermacht wie in Europa, scheitert"

Erfolgsregisseur Petersen im stern: "Wer in Amerika weitermacht wie in Europa, scheitert"

Hamburg - Den Countdown zum Kinostart seines neuen Monumentalfilms "Troja", der am 13. Mai auch in Deutschland anläuft, empfindet Wolfgang Petersen "nervenzerreißend". "Aber dieses Leben mit Adrenalinschüben", so der deutsche Hollywood-Erfolgsregisseur ("Air Force One") in einem Interview mit dem stern, "macht auch irgendwie süchtig. Das ist wohl das selbstzerstörerische Element, das in uns allen wohnt." Und, wie er glaubt, ganz besonders in Filmemachern.

Für Petersen ist die "Ilias", Homers antikes Vers-Epos, das die Geschichte des trojanischen Krieges erzählt, "die Vorwegnahme des ewigen menschlichen Dramas. Menschen hauen sich die Köpfe ein, lieben sich, quälen sich. Homer hat das grandios erfasst." Auch die "Sehnsucht, sich gegenseitig auszurotten", sei in der "Ilias" dargestellt worden. Petersen, der die "Ilias" im altgriechischen Original gelesen hat, hofft dass auch eine neue Generation "mal die Nase reinsteckt" in das Buch und "ein ungeheures Vergnügen" wie er bei der Lektüre verspürt.

Eine der Voraussetzungen für den Erfolg in Hollywood, den Petersen wie nur wenige Deutsche erreichte, sieht der Filmemacher in der Bereitschaft, "sich auf die amerikanische Sehweise einzulassen, sich zu assimilieren". Das hätten die vielen Regisseure mit deutschem Hintergrund in den dreißiger und vierziger Jahren in Hollywood auch gemacht – Regisseure wie Josef von Sternberg oder Otto Preminger zum Beispiel. "Wer in Amerika so weitermacht wie in Europa, scheitert."

Mit einem Film wie "Air Force One" habe Petersen, wie er im stern-Interview sagt, wohl auch seinen Teil zum amerikanischen Hurrapatriotismus beigetragen – eine "Gegenreaktion, wenn man aus einem Land kommt, wo die Nation so gering geschätzt wird wie in Deutschland. Immer dieses mea culpa, mea culpa, wir sind die Bösen." In den USA dürften bei einem Konzert alle aufstehen, die Hand aufs Herz legen und die Nationalhymne singen. "Da wird einem ganz mulmig. Wäre in Deutschland absolut undenkbar."

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