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"Das Kornfeld" Van Goghs letzter Wille

Das Auktionshaus Sotheby's in New York versteigert einen Van Gogh, den der niederländische Maler 14 Tage vor seinem Freitod malte. Schätzwert: 24 Mio. Euro. Ohne dieses Geld flüssig zu haben, mischt sich auch der Belgier Dominique-Charles Janssens zwischen die millionenschweren Kauflustigen. Was beabsichtigt er damit?
Von Albert Eikenaar

Im letzten Jahr seines Lebens, irgendwann in 1890, hatte der einsame, erfolglose, niederländische Maler Vincent van Gogh einen Traum. Eines Tages, so schrieb er seinem Bruder Theo, werde ich einen Weg finden, alle meine Werke den Menschen in einem Kaffeehaus vorzuführen. Der große Künstler war damals mittellos, hatte noch nie ein Stück verkauft und lebte armselig von Spenden seines Bruders Theo. Vincent wohnte zu der Zeit in der Herberge Ravoux am Place de la Mairie (Rathausplatz) in dem Örtchen Auvers-sur-Oise, nordwestlich von Paris. Dort verübte er im Juli 1890 seinen Selbstmord auf den Feldern, die er so innig liebte.

Ein Belgier und sein Traum

Er war aber nicht sofort tot. Schwerverletzt schleppte er sich nach Hause. Erst zwei Tage später starb er um 1.30 Uhr in der Nacht von 29. Juli in seinem Zimmerchen im Dachgeschoss des Gasthofes, nur mit Theo an seiner Seite, zwischen seinen wunderbaren Werken, die überall herumlagen und - standen. Manche gerade neu geschaffen wie "Das Kornfeld", eine seiner letzten Impressionen, die er vierzehn Tage vor seinem Freitod malte. Theo nahm dieses letzte Beispiel als Wahrzeichen der Meisterleistungen seines Bruders mit. Nun taucht diese Landschaft aus Züricher Privatbesitz in der internationalen Kunstszene auf - bei Sotheby's in New York, wo es am Mittwoch versteigert wird. Geschätzter Wert: 24 Mio. Euro.

Und jetzt hat der Belgier Dominique-Charles Janssens einen Traum. Er will Van Goghs letzten Wunsch erfüllen. Dieses eine besondere Werk soll im Sterbezimmer des großen Künstlers im Kaffee Ravoux ausgestellt werden. Das Kabüffchen, 7 Quadratmeter groß, blieb im Originalzustand erhalten. Zehntausende Van Gogh-Liebhaber pilgern dort Jahr für Jahr hin, um den weltberühmten Maler zu ehren. Das ist Dominique-Charles Janssens zu verdanken. Denn noch vor 20 Jahren war die Gastwirtschaft ein heruntergekommenes "Etablissement"- total verfallen.

Der Belgier kam durch Zufall nach Auvers-sur-Oise, durch einen Autounfall. Mit Kunst hatte er nichts am Hut. Zur Rehabilitierung musste er längere Zeit in dem Örtchen bleiben und lernte dadurch die tragische Geschichte des damals verkannten Meisters kennen. Er befasste sich mit der kunsthistorischen Vergangenheit und entdeckte bei seinen Studien, dem Lesen der Briefe von Vincent an Theo und den Streifzügen durch die Umgebung von Auvers-sur-Oise, welche Bedeutung Van Gogh für diese Gegend hatte. Janssens kündigte seinen gutbezahlten Managerjob beim Lebensmittelkonzern Danone. Auf eigene Kosten fing er mit der Restaurierung des Gasthauses an, pingelig genau, wie er zu Zeiten von Vincent van Gogh ausgesehen hatte.

Sammeln für ein Millionengemälde

Inzwischen ist Café Ravoux ein Prachtstück, vollkommen dem Maler gewidmet. Allerdings ohne auch nur ein Gemälde des genialen Meisters. Das soll sich jetzt ändern. Janssens will das "Kornfeld" erwerben, das Mittwochabend bei Sotheby's versteigert wird. Seit dem 13. Oktober diesen Jahres sammelt er fleißig Geld aus der ganzen Welt, um die Finanzierung seines Traumes zu verwirklichen. Der Belgier ist realistisch genug um zu wissen, dass es kaum möglich ist, so eine große Summe in so kurzer Zeit tatsächlich zusammen zu kratzen. Für ihren Beitrag erwerben die Spender gleichzeitig das Recht, via einer Webcamverbindung im Internet das Gemälde, wenn es doch mit dem Kauf klappen sollte, 24 Stunden pro Tag zu bewundern.

Das "Kornfeld" würde in einer gut beleuchteten Vitrine im Sterbezimmer aufgestellt werden. Dass die Idee höchstwahrscheinlich nicht klappen wird, damit hat sich Direktor Janssens des Van Gogh-Hauses in Belgien abgefunden. Trotzdem wird die Aktion nicht gestoppt. Sie läuft noch für drei Jahre weiter. Der Kunstkenner weiß jetzt schon, dass 2009 wieder ein Exemplar auf den Markt kommen wird. Vielleicht meldet sich bis dann ein Mäzen, der ihn unterstützen will. "Es ist doch viel schöner, die ganze Welt von einem Van Gogh mit genießen zu lassen, statt es im Keller oder im gesicherten Safe für sich allein zu verstecken".

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