Edvard Munch in Hamburg Einblicke in das Seelenleben

Er gilt als der Erforscher des "modernen Seelenlebens": Die Hamburger Kunsthalle zeigt erstmals ihren umfassenden und bedeutenden Bestand von Arbeiten Edvard Munchs mit wichtigen Schlüsselwerken.

Edvard Munch (1863-1944) hielt Emotionen wie Liebe und Angst oder die Themen Melancholie und Tod in seinen Werken fest und wurde damit zu einem der wichtigsten Wegbereiter der Moderne. Die Hamburger Kunsthalle zeigt erstmals ihren umfassenden und bedeutenden Bestand von Arbeiten des großen norwegischen Künstlers mit wichtigen Schlüsselwerken wie "Madonna" von 1894, die "Mädchen auf der Brücke" aus der Zeit um 1900 und die "Mädchen am Meer" von 1903/04. Ergänzt wird die Schau mit rund 150 Grafiken, die die beherrschenden Themen variieren.

"Keine Interieurs sollen mehr gemalt werden, keine Menschen, die lesen, keine Frauen, die stricken. Es müssten lebendige Menschen sein, die atmen und fühlen, leiden und lieben." - Schon früh legte der junge Künstler fest, was ihn interessierte. Dabei erlebte er bereits als Kind schwere Schicksalsschläge, die er in seinen Werken verarbeitete: Seine Mutter starb an Tuberkulose, als er fünf Jahre alt war, auch seine ältere Schwester Sophie starb mit 15 Jahren an Schwindsucht. "Kindheitserinnerung" heißt eine Kreidelithographie, die festhält, wie sich die Mutter von ihren in einer Ecke zusammengekauerten Kindern verabschiedet. Mit dem Gemälde "Das kranke Kind" (1885) gelingt Munch später der Durchbruch.

Munch blieb unverheiratet

Ein immer wiederkehrendes Thema ist die problematische Liebe zwischen Mann und Frau. "Zwei unglückliche Liebschaften verwand der Künstler, der unverheiratet blieb, anscheinend nie", sagte Kuratorin Carolin Quermann. Sein Gemälde "Madonna", das einen nackten Frauenoberkörper mit langen schwarzen Haaren und Madonnenschein zeigt, löste 1894 einen Skandal aus. "Für junge Mädchen zu gefährlich", urteilten auch die Hamburger Sammler, als Munch in einigen Grafik-Variationen auch noch einen Embryo und Spermien an den Bildrand hinzufügte. In einer ähnlichen Pose malte Munch im Jahr 1903 seine Geliebte Eva Mudocci, eine englische Geigenvirtuosin.

Den fast männermordenden "Femme fatale"-Fantasien wie "Vampyr" stehen Visionen kosmischen Glücks wie "Der Kuss" gegenüber, auf dem das Liebespaar zu einer Person zu verschmelzen scheint. Wie sehr Munch aber auch unter der Liebe gelitten hat, zeigen zahlreiche andere Werke wie "Asche", "Todeskuss" und "Eifersucht", das entstand, als Munch von 1892 bis 1908 in Deutschland lebte und die Berliner Bohème kennen lernte. "Dagny Juel, eine Frau von verführerischer Ausstrahlung, stachelte die Fantasie fast aller Männer an. Es soll keinen gegeben haben, der sich nicht in sie verliebte. Auch Munch war ihrem Reiz erlegen", sagte Quermann.

Die Ausstellung:

Edvard Munch: "...aus dem modernen Seelenleben"
Hamburger Kunsthalle
Dauer: bis zum 14. Mai 2006

Am Ende bleibt der Mensch bei Munch meistens allein wie der Mann im "Mondschein", die "Mädchen auf der Brücke" oder die Person in "Der Schrei" - das herrschende Gefühl ist die Melancholie: "Ich blieb stehen und stützte mich auf die Brüstung. Ich war todmüde. Über dem blauschwarzen Fjord hingen Wolken, rot wie Blut, wie feurige Zungen. Meine Freunde entfernten sich. Allein, bebend vor Angst, vernahm ich den größten Schrei der Natur", schrieb Munch über sein wohl berühmtestes Gemälde, das in der Ausstellung als Kreide- und Pinsellithographie (1895) zu sehen ist.

Carola Große-Wilde/DPA

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