Madame Tussauds in Berlin Kein Führer zum Anfassen

Von Markus Baluska
Am Wochenende öffnet in Berlin das erste Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in Deutschland seine Tore für die Besucher. Ein Museum, in dem man alle Figuren anfassen darf - mit einer Ausnahme.

Es ist nicht wie im Pariser Louvre, wo der Besucher lange nach dem berühmten Lächeln der Mona Lisa suchen muss, um dann enttäuscht vor einem winzigen Bild zu landen. In Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett unweit des Brandenburger Tors wartet der Schreckensherrscher kurz hinter dem Eingang auf die Neugierigen. Adolf Hitler sitzt an einem einfachen Tisch, den Blick stier nach vorne ins Leere gerichtet und die rechte Hand auf einem Buch. "Wir haben Hitler als gebrochenen, alten Mann dargestellt", versucht die Managerin der Ausstellung, Susanne Keller, zu erklären. So ganz ist das nicht gelungen. Der Wachsdiktator wirkt viel zu lebendig. Gespenstisch ist das Lichtspiel, das ein Ventilator hervorbringt. Durch die Flügel fällt ein rhythmischer Schatten auf die Hand der Wachsfigur. Es wirkt, als würden die Finger auf das Buch trommeln.

Im Gegensatz zu den anderen 74 Figuren darf Hitler nicht berührt oder fotografiert werden. Ein Aufpasser wird ständig dafür Sorge tragen, dass sich die Besucher daran halten. Außerdem wird diese Stelle der 2500 Quadratmeter großen Ausstellung zusätzlich mit einer Videokamera überwacht. Wer sich trotzdem nicht an die Verbote hält, fliegt raus, versichern die Veranstalter.

Nicht als Exponat erkennbar

Die Berliner Filiale von Madame Tussauds ist weltweit die achte. Andere gibt es in London, New York, Las Vegas, Amsterdam, Hong Kong, Shanghai und Washington DC. Seit den Anfängen Ende des 18. Jahrhunderts hat sich viel geändert. Die Qualität der Puppen hat eine Perfektion erreicht, die sie kaum von lebenden Menschen unterscheiden lässt. Man muss schon genau hinschauen, um nicht der Täuschung zu erliegen. Faszinierend ist, dass sich die Kunstwerke praktisch unter die Besucher mischen und eben nicht auf den ersten Blick als Exponate zu erkennen sind. Obwohl Madame Tussauds Berlin 10,5 Millionen Euro investiert hat, dürfen die Promis aus Wachs durchaus angefasst werden. Das gibt dann herrliche Erinnerungsfotos. Wer möchte nicht einmal mit Robbie Williams auf der Couch abgelichtet werden, oder mit George Clooney einen Cocktail schlürfen?

Billig ist das Vergnügen nicht gerade. Der Eintritt kostet für Erwachsene 18,50 Euro, für Kinder bis 14 Jahre noch 13,50 Euro. Dafür gibt es die Prominenz dieser Republik hautnah. Etwa zwei Stunden dauert der Rundgang durch die Megastars aus Kunst, Kultur, Politik, Sport und Unterhaltung. Wer will, kann selbst aktiv werden. Das Genie Albert Einstein lädt zu einem Wissenstest ein. Zehn Fragen aus dem Bereich der Naturwissenschaften sind zu beantworten. Wer es musikalisch liebt, darf mit Ludwig van Beethoven am Klavier klimpern oder sich als Rockstar eine Gitarre nehmen und mit Peter Maffay in die Seiten hauen. Sehr gut getroffen ist die Nachbildung von Torwart-Titan Oliver Kahn. Ein Blick in seine Augen lässt die Angst des Schützen vor dem Elfmeter wahr werden. Es gibt zwar nichts zu gewinnen, aber zumindest fürs Foto kann jeder einmal dabei sein, wenn Günther Jauch fragt: "Wer wird Millionär?"

Nur ein paar hundert Meter von der Ausstellung entfernt liegt das Bundeskanzleramt. Auch wenn Angela Merkel sich mal im Ausland oder sonst wo in der Republik befindet, bei Madame Tussauds wird sie künftig immer vor Ort sein.

Grönemeyer ließ sich vermessen

Drei bis vier Monate dauert es, bis eine Figur fertig ist. Bei der Bundeskanzlerin mussten Filmaufnahmen und Fotos herhalten, um sie lebensecht modellieren zu können. Andere Promis wie beispielsweise Herbert Grönemeyer, Alice Schwarzer oder Peter Maffay haben sich von den Modellbauern persönlich vermessen lassen. "Das ist natürlich für uns einfacher", sagt eine Sprecherin von Madame Tussauds, "aber die meisten unserer Kandidaten, haben nicht die Zeit, mehrere Stunden Modell zu stehen".

Die Berliner Ausstellung startet mit 75 Figuren. Es ist aber geplant, dass - wie im richtigen Leben - neue auftreten und andere die Bühne verlassen. Einer, der bald dazu kommt, wird Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sein. Damit rückt Wowi Angela Merkel nicht nur auf der politischen Bühne näher auf die Pelle.

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