Vor gut einem Jahr wurden die Arctic Monkeys als Helden der Myspace-Revolution gefeiert. Obwohl ihre Songs längst als MP3s im Internet kursierten, stellten die jungen Indie-Rocker aus Sheffield mit ihrem Debütalbum einen Verkaufsrekord auf: "Whatever People Say I Am, That's What I'm Not" stieg im Januar 2006 von 0 auf Platz 1 der britischen Charts ein. Allein in der ersten Woche nach der Veröffentlichung gingen in Großbritannien 360.000 Kopien über den Ladentisch.
Mit "Favourite Worst Nightmare" erscheint nun das zweite Album der Monkeys. Von der Plattenfirma wurde es vor der Veröffentlichung gehütet wie ein Goldschatz - massenweise Downloads aus dem Internet sind offensichtlich nicht mehr erwünscht. Die Musiker, alle gerade mal Anfang 20, geben sich beim Interview in einer angesagten Bar in Berlin-Mitte jedoch betont bescheiden und unspektakulär. "Wir rennen nicht in Sheffield rum und erzählen jedem, dass wir gerade in Japan waren", sagt Schlagzeuger Matt Helders. "Wenn die Leute uns danach fragen, ist das okay. Aber wir geben nicht damit an: 'Hey, wir waren in Australien! Ist das nicht fantastisch?'"
"Der beste Job der Welt"
Einem Monkey wurde der Trubel trotzdem zu viel: Bassist Andy Nicholson stieg im vergangenen Sommer aus. Er sei erschöpft vom Tour-Stress, hieß es. Als Ersatz sprang Nick O'Malley ein. "Wir kannten Nick aus der Schule. Er wohnt bei uns in der Nachbarschaft", erzählt Matt. Nick, der sich gerade noch mit nervigen Jobs durchgeschlagen hatte, wurde von einem Tag auf den anderen zum Rockstar. "Erstmal war das natürlich ein Schock", sagt er. "Aber es ist der beste Job der Welt und ich genieße es".
Nach einer umfassenden Welttournee gingen die Monkeys im vergangenen Herbst direkt wieder ins Studio. Auf Tour könne man einfach die besten Songs schreiben, behauptet Matt. Die Ideen seien quasi von selbst gekommen. Keine Rede also vom berühmten schwierigen zweiten Album. "Wir haben nicht viel über den Druck nachgedacht", erklärt Nick. "Man muss einfach egoistisch sein und das machen, was einem selbst gefällt." Und Matt fügt hinzu: "So hat es beim ersten Mal ja auch funktioniert."
Tourdaten:
1.6. Rock am Ring/Nürburgring
2.6. Rock im Park/Nürnberg
28.6. Hamburg (Stadtpark)
1.7. St. Gallen Festival, St. Gallen
Tatsächlich funktioniert das zweite Album wie eine Fortsetzung des ersten. Es geht genau da weiter, wo "Whatever People Say I Am, That's What I'm Not" aufhörte. "Brianstorm", der erste Song, beginnt gleich mit einem polternden Schlagzeuggewitter. Dann setzen der typisch tänzelnde Bass und wuchtige Gitarren ein. Mit dem heftigen Zweiminüter haben sich die Monkeys auch für eine gewagte erste Single entschieden: Er hat nicht mal einen erkennbaren Refrain.
Weniger Mitsing-Melodien als auf dem Debüt
Überhaupt gibt es auf "Favourite Worst Nightmare" weniger Ohrwürmer und Mitsing-Melodien als auf dem Debüt. Viele Songs klingen extrem rau. Sogar Alex Turners Stimme wird ab und an durch einen Verzerrer gejagt. Und trotzdem klingt das neue Album unverwechselbar: schnoddrig, direkt, unbekümmert. Es scheint diesen Jungs aus Sheffield nach wie vor ungeheuer leicht zu fallen, perfekte Rock'n'Roll-Songs und clevere Texte zu produzieren. Diesmal singen sie über einen Typen namens Brian ("Brianstorm") und lassen sich sogar vom Wizard of Oz inspirieren ("Old Yellow Bricks"). Ansonsten kreisen die Texte wieder um das eine große Thema: Mädchen. Es geht um Trennungen ("Do Me A Favour"), Enttäuschungen ("Fluorescent Adolescent") und mit "Only Ones Who Know" gibt es es diesmal sogar eine herzzerreißende Schnulze.
"Viele Leute haben uns gefragt, worüber wir jetzt schreiben würden", bekennt Matt. "Man kann schließlich nicht nur Songs über Tourbusse schreiben." Aber man habe schließlich noch die gleichen Sorgen wie vor dem großen Erfolg. "Es ist nicht alles perfekt, sobald man in einer Band und ein bisschen berühmt ist." Geld mache das Leben zwar schon etwas angenehmer. "Wir haben jetzt coolere Turnschuhe und Klamotten", sagt Matt mit einem breiten Grinsen. Ansonsten habe sich aber nicht viel verändert. Zu Hause in Sheffield hänge er viel vor dem Fernseher. "Dann treffe ich mich mit meiner Mum zum Mittagessen, gehe Shoppen oder schlafe den ganzen Tag." Viel Zeit zum Ausruhen und Fernsehen wird die Band in nächster Zeit allerdings nicht haben: Nach unzähligen Konzerten in Großbritannien ist für den Sommer auch eine Deutschlandtour geplant, genaue Termine stehen allerdings noch nicht fest. Anfang Juni spielen die Arctic Monkeys aber schon mal bei Rock am Ring und Rock im Park.
Fides Middendorf/AP