Le Gateau Chocolat will seinen eigentlichen Namen ungern in den Medien lesen. Der im britischen Brighton lebende Travestie-Künstler hat in seiner Heimat schon am renommierten Globe Theatre gearbeitet und am National Theatre. Seine Rolle in der "Tannhäuser"-Inszenierung von Regisseur Tobias Kratzer bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth ist seine erste in Deutschland. Nach der Premiere kritisierte er das Publikum, weil er (einige wenige) Buhs abbekommen hatte. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen.
Sie hissen auf der Bayreuther Bühne die Regenbogenflagge ...
Das ist nur so ein kleiner Moment - aber hier ist das viel. Hier ist das gewaltig, ein gewaltiges Statement - obwohl es 2019 eigentlich kein großes Statement mehr sein sollte.
Sie treten als Dragqueen auf der Bühne auf. Ihre Schminke beschreiben Sie als "Extra-Schutzschicht". Ist die für Bayreuth notwendig?
Meine Rolle hier ist es ja nicht nur, den alternativen Lebensentwurf für Tannhäuser zu verkörpern mit Genusssucht, Freude und Vergnügen. Meine Rolle ist es auch, eine Realität zu präsentieren, die für eine sehr lange Zeit nicht Teil dieses Hauses war. Weil viele Leute sich darauf nicht einlassen, wird sogar im Jahr 2019 etwas noch als Provokation wahrgenommen, das wirklich keine sein sollte. Es geht ja nur darum, zu sagen: 'Mich gibt es auch.' Aber 'Mich gibt es auch' ist für viele Menschen ein Schlag ins Gesicht. Das ist eine wirklich merkwürdige Sache.
Auf Instagram sagen Sie zu Ihren Nichten: "Tut mir Leid, ich muss gehen und tun, was ich kann, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen." Führt es zu diesem großen Ziel, in Bayreuth die Regenbogenflagge zu hissen?
Es geht um all die Ereignisse, die zu diesem Moment geführt haben. Hier wird die Debatte um Diversity gewaltig und verändert Leben. Meine Nichten könnten sich ja für Wagner interessieren. Und wenn sie mich dann auf der Bühne sehen sollten oder Grace Bumbry oder Jessye Norman, dann wird Entertainment zu einer Möglichkeit für sie. Wenn man zeigen kann, dass Kunst nicht nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich ist, dann schreibt man Geschichte neu. Es ist ein bisschen so wie mit Obama als Präsident von Amerika. Es wird wahrscheinlich in nächster Zeit keinen zweiten schwarzen Präsidenten geben. Aber ich habe in einer Zeit gelebt, in der ein schwarzer Mann der Anführer der freien Welt war. Wir können träumen und gläserne Decken durchbrechen. Diese Dinge und diese Freiheiten hält man natürlich für selbstverständlich, wenn man nie 'der einzige' war.
Wie sind Sie mit den Reaktionen nach der Premiere umgegangen?
Ich bin mit meinem Lebensgefährten nach Berlin gefahren, um mal ein paar Tage wegzukommen von allem. Und - Überraschung: Es war Christopher Street Day. Ich war in meiner Karriere so oft in der Situation, dass ich der einzige ... was auch immer war. Wenn man dann die Gelegenheit bekommt, nicht der einzige zu sein, dann bekommt man damit auch die Chance - ich habe leider keine bessere Metapher - sich anzustöpseln und die Batterie aufzuladen. Und so stand ich einen Moment da und wurde etwas emotional.
Werden Sie nächstes Jahr wieder in Bayreuth sein?
Ja, ich nehme es an.
Wollen Sie wieder hier sein?
Die Antwort auf diese Frage zielt jetzt in die Realität dessen, was ich hier tue. Und die Antwort ist jetzt: Ob ich wiederkommen will, ist eine andere Sache. Ob ich wiederkommen muss: Ja, auf jeden Fall!