"Seelenlose Kommerzkacke" nannte Jan Böhmermann den Musikpreis Echo bereits 2017. Wie Recht er hatte, zeigte sich ein Jahr später. Der Veranstalter, der Bundesverband der Musikindustrie (BVMI), entblödete sich nicht, Farid Bang und Kollegah auszuzeichnen und auftreten zu lassen. Nach hilflosen Entschuldigungsversuchen über mehrere Tage präsentiert der Verband jetzt seine Lösung: Der Echo wird abgeschafft.
"Man wolle keinesfalls, dass dieser Musikpreis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen wird", teilte der BVMI am Nachmittag via Facebook mit. Doch dafür ist es längst zu spät. Dass der Echo abgeschafft wird, ist keine mutige Entscheidung des Bundesverbandes der Musikindustrie. Diese Konsequenz war längst unvermeidbar. Oder wer hätte sich im kommenden Jahr zum Echo 2019 einfinden sollen? AfD-Anhänger und Schwulenhasser, Holocaustleugner und Machos?
Dieser Vorstand sollte gar nichts mehr planen
"Man werde dafür sorgen, dass sich ein solcher Fehler in Zukunft nicht wiederhole", teilte der BVMI mit. Dieser Satz ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Denn statt an personelle Konsequenzen zu denken, wollen die fünf Herren im Vorstand (ja, Sie haben richtig gehört, im Vorstand des BVMI sitzt keine einzige Frau) einfach weiter machen und den nächsten Höllenpreis planen.
Dieser Vorstand sollte gar nichts mehr planen – schon gar keinen Musikpreis. Die Botschaft an Florian Drücke, Frank Briegmann, Bernd Dopp, Patrick Mushatsi-Kareba und Konrad von Löhneysen muss lauten: Verschonen Sie uns mit weiterer "seelenloser Kommerzkacke", treten Sie von Ihren Ämtern zurück.
Treten Sie zurück!
"Im Zuge der aktuellen Debatte mussten wir erkennen, dass wir uns in einem Umfeld wiederfinden, das den Preis in ein falsches Licht rückt“, hatte Vorstandssprecher Drücke nach der aufflammenden Debatte um Kollegah und Farid Bang gesagt - so als sei das alles völlig überraschend über ihn gekommen.
Der Echo wurde - trotz Warnungen - knallhart durchgezogen
Doch das braune Licht stellte der Vorstand selbst bereit. Er war es, der den Echo 2018 trotz Warnungen, unter anderem durch das Internationale Auschwitz Komitee, knallhart durchzog.
Deutschland brauche "als drittgrößter Musikmarkt der Welt weiterhin Musikpreise mit Leuchtturm-Charakter", heißt es in der Mitteilung des BVMI. Doch diesem Vorstand scheint es nicht um die Rettung eines deutschen Musikpreises, sondern um die Rettung des eigenen Postens zu gehen. Der versprochene "vollständige Neuanfang" kann nur gelingen, wenn die Herren um Drücke und Co. zurücktreten. Erst dann hat ein Musikpreis in Deutschland wieder eine Chance, ernst genommen zu werden und glaubwürdig zu sein.
