William Fitzsimmons, Family Of The Year, Mac DeMarco und sogar die derzeit derbe angesagten Ösi-Rocker Wanda sind da, wenn ab Mittwoch das zehnte Reeperbahn Festival beginnt. Dass diese Veranstaltung überhaupt dieses Jubiläum feiern wird, ist ein kleines Wunder. Denn die erste Ausgabe 2006 geriet wirtschaftlich zum Desaster: "Das war ein herber Schlag ins Kontor", sagt Festivalgründer Alexander Schulz im stern-Gespräch. "Am härtesten getroffen waren wir, weil wir so viel Euphorie hatten." Die Idee war nicht rübergekommen.
Die Initialzündung für die Veranstaltung lieferte ein Besuch beim South-by-Southwest in Austin im Jahr 2000, das Konzerte, Konferenzen und Fachmesse vereint. Genau das wollte Schulz in Deutschland etablieren: "Ich hatte das Gefühl, dass überall Musik ist. Diese unglaubliche Dichte. Dazu die hohe Qualität und Akzeptanz von Musikern in den unterschiedlichen Genres - dies beides hat mich sehr bewegt", sagt Schulz. Schon auf dem Rückflug habe er mit der Planung angefangen: "Die einzige Straße Deutschlands, die die Option böte, diese Dichte herzustellen, war die Reeperbahn."
Nur 9000 Besucher im ersten Jahr
Doch es war damals nicht genügend Musikfans zu vermitteln, wieso sie ein Ticket kaufen sollen für größtenteils unbekannte Künstler. So lockte das erste Reeperbahn Festival 2006 lediglich 9000 zahlende Besucher an. "In den ersten Jahren haben Journalisten die gleichen Fragen gestellt wie das Publikum: Was soll das? Und wann veröffentlicht ihr die ersten Headliner?", so Schulz. Doch über die Jahre hat sich das geändert. Wer 2008 den damals noch völlig unbekannten Bon Iver gesehen hat, oder später bei einem der ersten Deutschlandkonzerte von Ed Sheeran war, weiß das Konzept zu schätzen. Er wird seinen Freunden davon erzählen und im nächsten Jahr wiederkommen.
Genau das ist passiert: Das Reeperbahn Festival steigerte kontinuierlich seine Besucherzahlen. 2009 waren es schon fast doppelt so viele wie beim ersten Mal. Im vergangenen Jahr kamen 30.000 - und diesmal sollen es sogar noch mehr werden. „Du kannst so viel Kommunikation machen wie du willst. Die Geschichte muss erzählt werden von den Besuchern, die da waren. Bei der ersten Ausgabe gibt es nichts zu erzählen. Das braucht drei Jahre“, beschreibt Alexander Schulz die Entwicklung.
"Wir sind damit im richtigen Augenblick gestartet"
Gleichzeitig wurde über die Jahre das Konzertangebot ausgebaut, von 205 Konzerten 2006 bis aktuell 400. Seit 2009 gibt es zudem einen eigenen Konferenz-Bereich, in diesem Jahr mit 170 Veranstaltungen. "2007 und 2008 haben wir aber schon bemerkt, dass ganz viele Booker da waren", so Schulz. Die Popkomm war immer für Verleger und Schallplattenindustrie da, für Konzertagenturen gab es keine Fachmesse. Dabei wird der Bereich der Livemusik immer bedeutender: "Wir sind damit im richtigen Augenblick gestartet, als sich die Gewichte verschoben haben."
Während sich Plattenfirmen bei der Popkomm ganze Konzerte kaufen und mit ihren eigenen Künstlern bestücken konnten, sind die Veranstaltungen beim Reeperbahn Festival in der Regel kuratiert. Das heißt: Die Veranstalter bestimmen, wer spielt. Entschieden wird nur nach Geschmack, nicht nach kommerziellen Erwägungen. Schulz selbst hat einen klaren Favoriten, auf den er sich dieses Jahr besonders freut: William Fitzsimmons.