Es sollte die große Jubiläumssause werden: Das Musikfestival Rock am Ring feiert dieses Jahr seinen 35. Geburtstag. Doch ob Gäste zu der mehrtägigen Party kommen, ja ob diese überhaupt stattfindet, ist angesichts der Corona-Pandemie völlig unklar. Die aktuellen Einschränkungen wegen des Coronavirus gelten hierzulande noch bis zum 19. April. Wie es danach weitergeht, darüber berät sich derzeit die Politik.
Doch wer einmal auf einem Festival der Größenordnung des Rock am Ring war, weiß: Abstand zu seinen Mitmenschen halten ist dort quasi unmöglich. Ob beim Schlangestehen vor den Duschcamps, am Einlass oder direkt vor den Bühnen, überall drängen sich Tausende Menschen.
Viele europäische Festival-Veranstalter haben deshalb bereits vorsorglich die Reißleine gezogen: Die diesjährige Auflage des ausverkauften Fusion-Festivals wurde abgesagt, ebenso das Roskilde-Festival in Dänemark (hier sollten Stars wie Bob Dylan und The Cure auftreten), das legendäre britische Glastonbury und das Nova Rock in Österreich. Selbst das Coachella, DAS Festival schlechthin, wurde vorsorglich auf den Oktober verlegt.
Doch es traf nicht nur die Mega-Events mit Hunderttausenden Besuchern, sondern auch kleinere Veranstaltungen. Die Händel-Festspiele in Halle, geplant vom 29. Mai bis 14. Juni, sind ebenfalls vor wenigen Tagen abgesagt worden.
Rock am Ring und Wacken hoffen auf Besserung
Die Planungen für Rock am Ring - mit 85.000 Besuchern eine der größten Open-Air-Veranstaltungen hierzulande - und das zwillingsfestival Rock im Park laufen derzeit noch auf Hochtouren. "Die zeitliche Entwicklung der Corona-Epidemie und deren Auswirkungen auf Live-Events sind aktuell nicht absehbar", schreibt der Veranstalter auf seiner Webseite. "Daher können wir im Moment keine Prognose abgeben, ob und wann Festivals stattfinden können." Die Veranstalter beteuern: "Die Gesundheit von Künstlern, Fans und Mitarbeitern hat für die Veranstalter der Festivals oberste Priorität und steht bei allen Überlegungen stets an erster Stelle."
Auch die Veranstalter des Wacken Open Air in Schleswig-Holstein hegen noch Hoffnungen. Aktuell gebe es für das WOA, so die gängige Abkürzung, keine Beschränkungen, heißt es seitens der Veranstalter. " Derzeit rechne man wie in Österreich mit einer Entspannung der Lage nach Ostern. Man tue "alles Menschenmögliche", um das WOA wie geplant stattfinden zu lassen, erklärte ein Pressesprecher gegenüber der "Schleswig-Holsteinischen Zeitung". Heißt: Die Vorbereitungen laufen wie geplant weiter, ebenso beim Sputnik Spring Break in Sachsen-Anhalt oder beim Splash!-Festival, das im Juli in Ferropolis stattfinden könnte.
Klar ist jedoch auch: Niemand weiß, wie es nach dem 19. April weitergeht und wie schnell und in welchem Umfang die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus gelockert werden. Zu erwarten ist jedoch, dass nicht-systemrelevante Großveranstaltungen - und dazu zählen Konzerte und Musik-Festivals - deutlich später wieder Teil des öffentlichen Lebens werden dürften. Österreich etwa möchte bis Ende Juni keine Veranstaltungen stattfinden lassen, öffnet aber vorher bereits wieder Schulen und Geschäfte.
Gutscheine statt Geld zurück
Dass viele Veranstalter zumindest offiziell noch Durchhalteparolen verlautbaren, obwohl man sich im Hintergrund längst für alle Eventualitäten rüsten dürfte, hat einen einfachen Grund: Auf eigene Verantwortung können viele Veranstalter nicht absagen - aus Haftungsgründen. Ein offizielles Verbot der Behörden würde zumindest diesen Aspekt erleichtern.
Doch was passiert, wenn Festivals abgesagt werden? Beim Fusion-Festival etwa behalten die diesjährigen Tickets ihre Gültigkeit für das kommende Jahr. Der Veranstalter rechnet damit, dass ein Großteil der Ticketkäufer im nächsten Jahr anreisen wird. Auf Wunsch könne das Geld aber auch erstattet werden. Kleineren Anbietern drohen jedoch Liquiditätsprobleme. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett deshalb beschlossen, dass Kunden Gutscheine und kein Bargeld erhalten sollen - sofern sie das Ticket vor dem 8. März erworben haben. Nur in Ausnahmefällen sollen sie ihr Geld zurückerhalten. Eine Regelung, die Verbraucherschützern ein Dorn im Auge ist.
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