Nachruf Der Fröhlichmacher der Nation: Zum Tod von Tony Marshall

Tony Marshall
Tony Marshall ist im Alter von 85 Jahren gestorben. 
© Patrick Seeger / DPA
Er war einer der größten Stimmungsmusiker der Bundesrepublik, dabei wollte Tony Marshall eigentlich ganz andere Musik machen: Er war ausgebildeter Opernsänger. Im Alter von 85 Jahren ist der Baden-Badener nun gestorben.

Mit seiner heiteren Art steckte Tony Marshall über Jahrzehnte Millionen von Deutschen an. Zwei Wochen nach seinem 85. Geburtstag ist die Schlagerlegende gestorben. "Wenn ich lache, dann lache ich aus dem Herzen. Und ich bin eigentlich immer gut drauf", sagte Marshall über sich selbst. Nur die letzten Meter seines Lebensweges waren nicht mehr so heiter: Marshall war schon länger gesundheitlich angeschlagen.

Marshall zog sich nach einer Notoperation im vergangenen Frühjahr zurück. Schon davor hatte er schwer mit den Folgen einer Corona-Infektion zu kämpfen, was im Oktober 2021 zu einem Novum geführt hatte - sein Manager musste damals ein Konzert absagen. "Es ist nach 8000 Auftritten das erste Mal, dass ich einen Auftritt von Tony absagen muss", sagte sein Manager Herbert Nold damals der "Bild"-Zeitung.

Die Absage war so etwas Ungewöhnliches, weil Marshall den direkten Kontakt zu seinen Fans liebte. Deshalb kämpfte er sich auch nach seinen gesundheitlichen Rückschlägen wieder zurück auf die Bühne. Seinen letzten großen Auftritt hatte er im Frühjahr vergangenen Jahres mit seinen beiden ebenfalls als Musiker tätigen Söhnen Marc und Pascal in Baden-Baden. "In meiner Welt ist immer noch Musik", sang Marshall damals vor einem ergriffenen Publikum.

Tony Marshall wollte "Schöne Maid" gar nicht singen 

Bei dem am 3. Februar 1938 geborenen Marshall war das ganze Leben Musik. Er veröffentlichte 120 Singles, hatte 40 eigene Shows und umkreiste auf seinen Touren 60 Mal die Erde. Um seine Bedeutung für die deutsche Schlagerwelt zu unterstreichen, braucht es aber nur vier Buchstaben, schwungvoll verbunden: "Ho-ja-ho-ja-ho" ist die Zeile, die ganz Deutschland das Lied von der "Schönen Maid" mitsingen ließ.

Dabei hätte Marshall sich am liebsten darum gedrückt, den 1971 veröffentlichten späteren Hit überhaupt einzusingen. Eine ganze Flasche Chianti habe er getrunken, weil er gehofft habe, dass ihn der Produzent Jack White so betrunken aus dem Studio werfe, erinnerte sich Marshall zum 50-jährigen Jubiläum des Hits.

Aber von wegen - White wusste genau um die Symbiose, die bei diesem Lied Sänger und Musikstück eingehen würden und bestand auf Marshalls Gesang. Der Rest des Lieds ist Geschichte, es wurde eine Partyhymne und Marshall von Dieter Thomas Heck in der ZDF-"Hitparade" zum "Fröhlichmacher der Nation" erklärt.

Er war gelernter Opernsänger

Dass Marshall sich so gegen die Produktion sträubte, liegt wohl auch an seiner Ausbildung. Der bürgerlich als Herbert Anton Hilger eingetragene Sänger studierte Musik und machte 1965 in Karlsruhe ein Staatsexamen als Opernsänger. Mit solch einem Hit wie "Schöne Maid" - das war ihm klar - war die klassische Musik zunächst Geschichte.

Zum Glück, werden die Fans des gepflegten Schlagers sagen. "Heute hau'n wir auf die Pauke", "Ich fang für euch den Sonnenschein" und "Junge, die Welt ist schön" liefen fortan über die Sender und auf Feiern.

In seinem Schlager "Bora Bora" von 1978 besang der bis zuletzt skandalfrei mit seiner Frau lebende Marshall - das Paar hat drei Kinder, Enkel und Urenkel - die Leichtigkeit der Südsee. Zu seinem 70. Geburtstag erhielt er die Ehrenbürgerschaft der Insel. Ehrenbürger war er auch in seiner Heimatstadt Baden-Baden, wo es seit Jahren schon einen Tony-Marshall-Weg gibt.

"Ich habe der schönen Maid eigentlich alles zu verdanken", sagte der auch durch viele Fernsehshows populär gebliebene Marshall einmal im Südwestrundfunk. Nur Marshalls letzter Wunsch, der blieb dem Donnerstagabend im Kreise seiner Familie gestorbenen Sänger unerfüllt: "Auf der Bühne vom Blitz getroffen zu werden, das wäre der schönste Abgang, den ich mir vorstellen könnte."

Ralf Isermann, AFP

PRODUKTE & TIPPS