Der Intendant des Rostocker Volkstheaters, Sewan Latchinian, ist fristlos entlassen worden. Grund ist eine Äußerung Latchinians bei einer Demonstration Anfang März, als er die Theaterpolitik in Mecklenburg-Vorpommern mit den Kulturzerstörungen durch die Terrormiliz Islamischer Staat verglich.
Doch der entlassene Intendant will gegen seine fristlose Kündigung klagen. Dies kündigte er am Mittwoch an. Einen Tag zuvor hatte der Hauptausschuss der Rostocker Bürgerschaft Latchinian gekündigt. Dies war der Höhepunkt einer monatelangen Auseinandersetzung um die Zukunft des Theaters.
Monatelanger Streit um Kürzungen
Latchinian sagte am Mittwoch dem Sender Deutschlandradio Kultur, jeder wisse, dass sein Vergleich nur ein Vorwand für die Kündigung sei. Er hatte in den vergangenen Monaten die Bürgerschaft heftig kritisiert. Diese hatte im Februar Strukturveränderungen beschlossen, nach denen aus dem Vier- ein Zwei-Sparten-Theater werden soll.
Die Entlassung Latchinians, der erst seit der Spielzeit 2014/15 in Rostock als Intendant arbeitet, ist der Höhepunkt eines monatelangen Streits um Kürzungen im Volkstheater und die Ausrichtung der Theaterpolitik im Nordosten.
"Vergleichen muss man das schon"
Latchinian hatte bei der Demonstration in Neustrelitz gesagt: "Seit Wochen zerstören (...) IS-Schergen im Irak die jahrtausendealten Weltkulturerbestätten Nimrud und Kirkuk, aus religiösen Vorwänden. Und hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern - ich setze das nicht gleich, aber vergleichen muss man das schon - hat momentan im Namen des Geldes die Zerstörung funktionierender Theaterstrukturen begonnen."
Latchinian hatte nachträglich betont, dass er mit dieser Äußerung an die Verantwortung erinnern wollte, behutsam mit dem Kulturerbe umzugehen. Allerdings habe er als Künstler das Recht auf poetische und satirische Zuspitzung. Eine Reaktion von Latchinian auf seine Entlassung war zunächst nicht zu erhalten.
Vor der Sondersitzung der Bürgerschaft zur Kündigung Latchinians hatten rund 500 Menschen vor dem Rathaus ihre Solidarität mit Intendanten geäußert. Während der Sitzung waren mehr als 200 Demonstranten in das Rathaus eingedrungen, um sich für Latchinian einzusetzen. Sie störten lautstark den Hauptausschuss, bis der Intendant selbst herauskam, um die Lage zu beruhigen.
"Zweites Lichtenhagen"
Latchinian verlor nach der Kündigung seinen Hang zur Polarisierung nicht. "Es haben nicht wenige gesagt, dass der heutige Tag ein neues, zweites Lichtenhagen ist", sagte er Deutschlandradio Kultur. Seit der Randale im Jahr 1992 gegen ein von Ausländern bewohntes Haus steht der Rostocker Stadtteil Lichtenhagen als Synonym für Ausländerfeindlichkeit. Latchinian sagte, Demokratie müsse jeden Tag neu errungen und Kultur verteidigt werden. Die Bürger seien gefragt, ob sie ihre Bürgerschaft korrigierten.