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"Red" aus dem Jahr 2012 Taylor Swift bringt ein neun Jahre altes Album einfach nochmal heraus: Warum sie das (schon wieder) macht

Sängerin Taylor Swift gehört zu den erfolgreichsten Künstlern aller Zeiten
Sängerin Taylor Swift gehört zu den erfolgreichsten Künstlern aller Zeiten
© Charles Sykes / DPA
Taylor Swift bringt erneut ein altes Album noch einmal heraus – mit den gleichen Songs. Doch der Move ist mehr als nur Zweitverwertung. Swift geht es darum, die Kontrolle über ihr Lebenswerk zurückzubekommen.

"Red wird bald wieder mir gehören, aber es gehörte immer uns. Heute fangen wir nochmal an." Mit diesen Worten richtete sich Taylor Swift am Freitag über soziale Netzwerke an ihre riesige Fangemeinschaft. Die US-Sängerin kündigte in dem Posting an, dass ihr Album Red nun im Handel erhältlich sei. "Red"? Da wird der geneigte Swift-Fan feststellen: Das gab's doch schon mal. Denn tatsächlich bringt Swift dieses Album zum zweiten Mal heraus – und zwar mit den gleichen Songs. Es ist auch nicht das erste Mal, dass die immens erfolgreiche Künstlerin eines ihrer alten Werke neu veröffentlicht. Mit ihrem Album "Fearless", eine ihrer bestverkauften Platten, hat Swift selbiges schon einmal gemacht. Aber was hat es damit auf sich?

Die 31-jährige Swift ist bereits ihr halbes Leben erfolgreich im Showgeschäft tätig. 2006 unterschrieb sie als 16-Jährige beim Label Big Machine Records, wo sie bis 2018 unter Vertrag stand und einen Großteil ihrer Songs vermarktete. Swift schreibt ihre Kompositionen und Texte in der Regel selbst und hat damit gewisse Urheberrechte an ihren Werken. Die Rechte an den Studioaufnahmen, den sogenannten Masters, liegen jedoch bei ihrem alten Label. Natürlich bekommt Swift einen Teil der Einnahmen durch ihre Musik, sie hat jedoch kein Mitspracherecht, wenn es um die Nutzung ihrer Werke geht.

Taylor Swift und der Konflikt um ihr Werk

Dieser Umstand wurmt Swift bereits seit Jahren. Sie stritt sich jahrelang mit Big Machine Records, beschwerte sich über mangelnde Loyalität und verließ das Label letztlich 2018. Seitdem steht sie bei Universal unter Vertrag und hat darin ausgehandelt, die Rechte an ihren Masters behalten zu dürfen. Das gilt jedoch nur für ihre Kunst ab 2019. Einige der größten Erfolge ihrer Karriere stammen jedoch aus den Jahren davor, etwa "Shake it off", "Blank Space" oder "I Knew You Were Trouble".

Der Konflikt mit ihrem ehemaligen Label bekam 2019 einen neuen Spin, als Unternehmer Scooter Braun mit seiner Firma die kompletten Rechte an Swifts Werk aus den Jahren davor kaufte. Ein Kaufpreis von etwa 300 Millionen Dollar wurde damals kolportiert. Swift fühlt sich nach eigenen Angaben von Braun seit Jahren schikaniert, schrieb damals in einem langen Post: "Das ist mein Worst-Case-Szenario." Ihr "musikalisches Erbe" liege nun in den Händen von jemandem, der versucht habe es "auseinander zu nehmen". 

Der Musik-Unternehmer arbeitet unter anderem mit Kanye West zusammen. Der wiederum düpierte die damals 19-jährige Swift 2009 bei den MTV Music Awards, als er ihr auf der Bühne die Berechtigung für ihre Auszeichnung absprechen wollte. Jahre später verwendete er ihr Aussehen ohne ihre Einwilligung für eine Montage von nackten Berühmtheiten für eines seiner Musikvideos. Swift deutete an, dass sie Braun als Drahtzieher hinter Wests Aktion sehe. Freunde und Kollegen verteidigten den Mann allerdings gegen die Vorwürfe. Inzwischen hat Braun die Rechte weiterverkauft und soll einen kräftigen Gewinn eingefahren haben. 

Swifts Einsatz für Künstler

Um also die Rechte an ihren alten Liedern zu bekommen, hat Swift zunächst "Fearless" und nun "Red" noch einmal im Studio eingesungen. Auf den Platten sind die gleichen Songs wie damals, nur mit dem Zusatz "Taylors Version". Dazu gibt es ein paar unveröffentlichte Lieder "aus dem Tresor", wie Swift sagt, auf den Alben.

Wer nun plumpe Geldgier dahinter vermutet, greift deutlich zu kurz. Natürlich wird es eingefleischte Fans, sogenannte Swifties geben, die sich die neuen alten Platten sofort kaufen, selbst wenn sie die Originale bereits haben. Mit weit über 200 Millionen verkauften Tonträgern, ungefähr so viele wie die Rolling Stones, hat Swift die zusätzlichen Einnahmen aber wohl kaum nötig.

Vielmehr, das zeigte ihr Engagement in der Vergangenheit, setzt sie sich leidenschaftlich für die Rechte von Künstlern ein. Swift zwang etwa Streaminggigant Spotify zum Einlenken, weil sie ihre Songs dort nicht anbot wegen "nicht fairer" Entlohnung von Künstlern. Erst als der Konzern an der Front nachlegte, kehrten ihre Lieder zurück auf die Plattform. 

Die neue Taylor Swift

Swift geht es also vermutlich nicht darum mit alten Inhalten neues Geld zu verdienen, ihr geht es ums Prinzip. Ihre Zeit bei Big Machine Records ist auch in weiten Teilen eine Erinnerung an die alte Taylor, wie sie gerne sagt. Die Taylor, die immer hübsch daherkommt und freundlich lächelt und nickt, wie "freundliche Mädchen" das eben tun. Über diese Zwänge sprach Swift zuletzt in einer Netflix-Doku, in der sie monatelang eng begleitet wurde. Über Jahre hatte sie sich zum Beispiel nicht zur US-Politik geäußert, wohl auch auf Druck ihres damaligen Plattenlabels.

Doch zu Zeiten von Donald Trump konnte auch Swift irgendwann nicht mehr die Füße stillhalten und positionierte sich klar liberal und weltoffen. Seitdem spricht sie regelmäßig über ihre politischen Ansichten und setzt sich etwa für die Rechte Homosexueller ein – beides keine risikolosen Unterfangen in den tief gespaltenen USA, zumindest, wenn man einen Teil seiner Fans nicht verprellen will.

Es habe sich angefühlt, als habe sie sich ihren Maulkorb abgerissen, sagt Swift in der Doku über ihre politischen Statements. "Und es hat sich gut angefühlt, weil es meine Entscheidung war." Mit bald 32 Jahren ist Swift jemand geworden, der für sich und andere einsteht, auf Missstände aufmerksam macht und vor allem: auf keinen Fall fremdbestimmt sein will. Nach mehr als einem Jahrzehnt in einem Business, in das sie reinwuchs, als sie quasi noch ein Kind war, wehrt sie sich gegen das, was sie als ungerecht empfindet und will sich auch nicht den Mund verbieten lassen, um möglichst liebenswürdig zu erscheinen.

Und so wird "Red" vermutlich nicht das letzte Album bleiben, das Swift neu auflegt, um sich die volle Kontrolle über ihr Lebenswerk zurückzuholen. Die eingefleischten Swifties scheint sie dabei schon mal auf ihrer Seite zu haben – und wohl noch so einige mehr. Das neue Album brach nämlich gleich am Freitag zwei Rekorde, kurioserweise auf der Plattform, die sie einst boykottierte: Spotify. Red ist das am meisten an einem Tag gestreamte Album einer Frau und Swift selbst die am meisten an einem Tag gestreamte weibliche Künstlerin. 

Quellen:  CNN / Instagram Taylor Swift / Cosmopolitan / Tumblr Taylor Swift / Variety

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